Kinematische Studien

English Version

Es folgt eine Auflistung jener Seherfahrungen und Kinoerlebnisse, die ich beschreiben wollte, weil sie mich zum nachdenken anregten, oder aber zum jubeln, zum schimpfen, kritisieren, verachten und grämen. Es sind meine persönlichen Auseinandersetzungen mit den Filmen meiner Wahl und meine Notizen zum Erlebnis im heiligen Dunkel des Kinos. Die Aktuellste steht an oberster Stelle und fortlaufend...

Entnommen von meinem Letterboxd-Profil "addeyblack".

Texas Chainsaw Massacre (1974) von Tobe Hooper

So absurd es klingen mag, dem Kino sei Dank für einen solch blanken Wahnsinn und lupenreinen Horror, mit dem wir tief und tiefer hinabsteigen können, um die menschlichen, also auch unsere ganz individuellen und innersten Wesenszüge und Abgründe zu erforschen. Nur das Kino mag uns eben teilhaben lassen an einer solchen Verwüstung der Ethik und an einer solchen Rohheit von Gewalt. Und das ist auch gut so, braucht die ganze Sozialisierung und der Werdensduck dieser Gesellschaft doch einen Schatten, eine dunkle Kehrseite, derer wir nicht gewachsen sind. So viel Böses, Abartiges es in der Welt gibt, den Hass untereinander, Krieg, zerfetzte Menschenkörper durch automatische, und intelligente Waffen, Abstraktionen von Horror und Gewalt im ideologischen und sozialen Sinne, so sehr wünschte ich mir mehr Horror auf der Leinwand, vor dem wir uns wieder gerne in die Realität flüchten, um miteinander im hier und jetzt einen friedlichen und fairen Umgang zu stiften und froh zu sein über das, was wir in Sachen Menschenwürde und Aufklärung erreicht haben, um darauf aufzubauen. Dafür sind solche Filme da.


Außerdem ist dieser Film der einzige den ich kenne, der eine Baustelle zum Soundtrack hat.

Love Exposure (2008) von Sion Sono

Kaum beständig gegenüber des sich wandelnden Zeitgeistes und der aktualisierten Moral, zerreißt dieser Film doch immer wieder die Sehgewohnheit, missachtet seine eigene Logik und zieht so generell jegliche Moralvorstellung durch den Dreck, die sich die Menschheit im Sinne der Sexualität und der damit verwandten Religion erlaubt.
Dabei leistet er sich einerseits einen gewaltigen Unsinn und andererseits - und das bleibt wohl das Geheimnis dieses Filmes - leister er doch auch den Akt der Aufklärung und Entzauberung sämtlicher konventioneller Vorstellungen zu oben genannten Themen. So ärgerlich es mich machte, zu sehen, mit welcher Leichtsinnigkeit, Stumpfsinnigkeit und Naivität dieser Film jegliche Moralvorstellungen als wertlos deklariert, so verdutzt musste ich einsehen, dass er es eben doch auch genau durch dieses banal anmutende Überschäumen von Gefühlen und Dramatik schafft, die Doppelmoral jener Wertvorstellungen zu entlarven und sich darüber in einem cleveren Sinne auch lustig zu machen, nur um im nächsten Moment die davon ausgehende, gefährliche Ideologie wieder mit aller Macht zu bekämpfen.
 Eine ganz und gar seltsame Seherfahrung, die im Ansatz mit dem Erlebnis eines (guten) Seidel-Films zu vergleichen ist, auch weil man sich hier desselben Sujets des Perversen bedient und versteht dieses als Eisbrecher einzusetzen.
Die progressiven Errungenschaften des Films können wohl einzig darauf zurückzuführen sein, dass dieser im Sturm seiner Übertreibungen an seinem ehrlich gemeinten Kernthema festhält und es nicht aus den Augen verliert. Selbst im jugendlichen Übereifer der Figuren und der Inszenierung gleichermaßen wird das Publikum immer wieder (zwischendurch abgelenkt durch die tausenden Probleme, die der Film hat) zu ihm zurückgeführt. Eine so seltsame Hommage an das erste Mal Verliebtsein, ja die große erste Liebe überhaupt, hat man wohl selten gesehen.

Engel aus Eisen (1981) von Thomas Brasch

Ein Berlin, wie es selten auf Film gebannt wurde. Ein desaströses, abgründiges, listiges Berlin, runtergekommen und kurz vor dem Kollaps. Ein vogelfreies Berlin und ein eisenhartes Berlin, mit Intrigen und von einem innerlich zerrissenen, aber großen Schriftsteller als Autor als Regisseur, der keinen Respekt vor der konventionellen Sehgewohnheit zeigte und einfach mal seiner Zerrissenheit Ausdruck verlieh. Ein Erstlingswerk voller Lücken und Ungereimtheiten, aber mit scharfem Verstand und lautmalerischem Film-Als-Denken.

Gertrud (1964) von Carl Theodor Dreyer

Sicherlich der biederste Dreyer, der sich in seiner Steifheit am Ende selbst nicht mehr ertragen kann und dennoch wieder mit aller Überzeugung an das glaubt, was er zu erzählen hat.

Meantime (1983) von Mike Leigh

Mit Meantime gelingt Mike Leigh ein zeitloses, weil exakt recherchiertes Meisterwerk der Sozialkritik und ein tiefgründiger Exkurs in die Ideologiekritik. Ganz ohne großes Drama und überflüssige Emotionen, entlässt er uns in die Welt der britischen Armut und des sozialen Notstands der Thatcher-Ära. Das sehr gut geschriebene Buch (das den Raum für Improvisationen im Schauspiel weit offen hielt) bewegt sich im Dunstkreis der Lügen dieser Politik und ihres neoliberalen Wahnsinns und zielt auf die vergessenen, weil arbeitslosen BürgerInnen der sogenannten Unterschicht und deren Ausweglosigkeit. Selten hat man die, von der Gesellschaft Zurückgelassenen in einer solch klar inszenierten und gespielten Machtlosigkeit auf der Kinoleinwand gesehen. Das einzige was ihnen bleibt, ist es Bullshit zu machen oder Bingo zu spielen. Natürlich in der Hoffnung auf den Jackpot.

Genial ist, dass sich die ganze Klimax des Films an der vermeintlichen Wohltat einer Verwandten aus der Mittelschicht aufzieht, welche der politischen Agenda als vermeintliche Gewinner (und sich damit schuldig fühlend) gleichsam am stärksten verfallen, als auch ausgesetzt ist und die politische Macht unter dem Vorwand des Intellekts und der Moral gegenüber den Bedürftigen ausnutzt. Es ist befreiend, dass sich die Brüder, die hier die Abgehängten verkörpern, dagegen in Liebe vereinen. Der Film sollte uns heute, wie damals, zu denken geben. Er bleibt hochaktuell.

Western (2017) von Valeska Griesbach

Geniale Sogkraft.

Videograms of a Revolution (1992) von Harun Frocki und Andrei Ujica

Farocki und Ujica lassen hier die Mächtigsten Player der Geschichtsschreibung aufeinanderprallen und ineinandergreifen, die Kameras. Kein Dokument ist so unabsehbar wirkungsvoll, wie das festgehaltene Filmbild des revolutionären Geschehens.
Fast unkommentiert verknüpfen die Filmemacher hier die Blickwinkel auf die rumänische Revolution und legen dabei den wirklich beklemmenden Charakter dieser frei. Ein mächtiges Filmwerk voller mächtigster Geschichtsbilder. Dokumentarfilm der seriösesten Entfaltung.

Every Little Thing (1997) von Nicolas Philibert

Sehr angenehm geführte und einfühlsame Beobachtung ohne Interpretationsvorhaben oder Examination. Empfehle ich all jenen, die sich für die Zwiespältigkeit und Auswirkungen psychoanalytischer Diagnosen interessieren und darüber hinaus für den Begriff des „Geisteskranken“.

Schnittstelle (1995) von Harun Frocki

Farocki ist die Filmemachermaschine nach Guattari/Deleuze.

Showgirls (1995) von Paul Verhoeven

“It’s all right, I got towels.” The finish line of patriarchs race for the biggest dick - consciously, and it’s the 90s. But at least somebody is going for the perpetrator’s gace.

Gundermann (2018) von Andreas Dresen

Dresen bemüht sich, windet sich, verlangt von seinem Hauptdarsteller spannende und höchst ansehnliche Leistungen. Aber Dresen ist auch der deutscheste aller deutschen Regisseure. Er kommt einfach nicht in Fahrt und schafft es sogar noch, den Tagebau zu romantisieren. Natürlich ist der Stoff spannend, aber der Film schafft es einfach nicht aus seiner starren Struktur und kalten Trägheit herauszutreten, weil er eben so typisch steif weg erzählt wird, wie jedes x-beliebige Historiendrama das seinen Personenkult vor sich herschiebt. Was bedeutet die Zerrissenheit der Figur für die Form des Films? Was kann ein Idealismus anrichten? Wie kann diese Fallhöhe dargestellt werden? Alles Fragen die von Dresen in der “Na-Weil-Man-Es-Eben-Nunmal-So-Macht-Attitüde” einfach weggewischt werden. Gestrig.

Crimes of the Future (2022) von David Cronenberg

Dreams of future rather than crimes. Die Story eher halbherzig wegerzählt, geht es bei Cronenbergs neuestem Film drunter und drüber, mit guten Absichten und spannenden Ideen, aber einem verhaspelten Plot. Der Film eiert seiner Metaphysik hinterher, benennt sie auffällig oft im Dialog, unnötigerweise, und bezieht sich immer wieder auf den Sex, um den es eigentlich gar nicht geht. Etwas unausgegoren und trotzdem spannend.

Leningrad Cowboys Go America (1989) von Aki Kaurismäki

Kaurismäki bemüht sich um interkulturelles Kino, wie immer ohne großen Aufriss. Die beinhart-finnischen Leningrad Cowboys können sich einfach nicht in die amerikanische Popkultur assimilieren. Nicht schlecht, aber auch nicht besonders aufregend. Der Cameo von Jarmusch ist sehenswert.

Mishima: A Life in Four Chapters (1985) von Paul Schrader

Ein herausragendes filmisches Werk, das seiner biografische Abstammung gekonnt entwächst und den biografischen Inhalt mit den Elementen des dokumentarischen Theaters und des dokumentarischen Films in einer fiktionale Form zu bändigen vermag, die ihresgleichen sucht.

Barbie (2023) von Greta Gerwig

All ideological problems aside: Dieser Film beweist schlagfertigen Humor und viel Freude bei der Arbeit, aber auch dass pointierte Filme nicht klug sein müssen. Leider bietet Barbie nichts neues an. Als Querverweis empfehle Akermanns “Golden Eighties”.

Oppenheimer (2023) von Christopher Nolan

Nolan huldigt der Wissenschaft, aber auch dem Personenkult. Jedoch steht eigentlich das Kollektiv im Vordergrund, wie es bereits innerhalb der filmischen Erzählung offensichtlich wird. Und ich weiß auch nicht, ob Shutterstock-Partikelanimationen dem Atom gerecht werden. Aber bei so viel Dialog verlässt einen dann schon mal die Kreativität (bis auf die Szene mit der Rede nach der Zündung, welche sehr innovativ ist).
Ein paar Streicher hätte man rausnehmen können. Das Tiktok-Schnitttempo schlägt ebenfalls durch, auch wenn es sich noch mit der Erzählform der atomaren Reaktion tarnt.

More Than Ever (2022) von Emily Atef

Krieps spielt mit geballter Sensitivität. Auch die Kollegen sind angesichts all der Dramatik vernünftig im Umgang mit Emotionen und glaubwürdig. Der Film aber ist kaum zu ertragen, weil der erzählte Erstickungstod nicht zu ertragen ist und Atef hierbei den guten Geschmack vermissen lässt. Ich verstehe das Weshalb, aber aushalten wollte ich es bei aller Emotionsschleuderei nicht. Atef konzentriert sich beinahe fast nur darauf ihre Streicher zum Einsatz zu bringen und vergisst dabei ganz ihr eigentliches Thema, das menschliche Leben. Der Film verfängt sich nach ca. 45 Minuten in einer Art komatöser, prämortaler Starre und wird umso zweifelhafter, desto häufiger die Szenen werden, in denen die Protagonistin jetzt aber dann doch - oh shit - beinahe fast stirbt. Das allein ist höchst verdächtig. Die Idee, die Sterbende zu sich selbst finden zu lassen ist angebracht, aber ich bezweifle einfach, dass das Sterben so abläuft, wie es hier zu eben diesem Zweck dargestellt wird. Niemand will alleine sterben, das ist einfach albern und wird der Überemotionalisierung wegen als Empowerment-Argument ausgeschlachtet. Das hat der Film gar nicht nötig. Ob der emotionalen Hinhaltung schafft es der Film, dass man sich den Tod der Hauptfigur irgendwann tatsächlich herbeisehnt, so wie die Figur selbst. Hier wird Schippe um Schippe an Dramatik draufgepackt, aber der Mensch in seinem vielschichtigen und sozialen Wesen beinahe ganz vergessen, auch wenn es natürlich etwas gänzlich anderes suggeriert (dazu wird u.A. sogar eine recht langweilig gefilmte Sexszene zweimal quasi gleich inszeniert, damit sich die Intimität auch noch erfüllt). Ich finde das persönlich schrecklich und qualvoll.

Walkabout (1971) von Nicolas Roeg

Ein Filmwunder. To perfect to be perfect.

Onibaba (1964) von Kaneto Shindo

Gesehen im Kino bei 36 Grad Außentemperatur wie im Fiebertraum. Man wartet auf den Wolkenbruch und dann kommt, angeordnet in einer Komposition aus Naturromantik und Spiritualismus, die volle Packung Begierde. Stark verwurzelt in der Tradition des Nō-Theaters der Samurai ein wunderprächtiger Film!

Abendland (1999) von Fred Kelemen

Kelemen hebt ab, entfaltet sich, fliegt teilweise durch die wundervoll collagierte und düstere Welt eines niederträchtigen und verkommenen Abendlandes, dem er direkt in den Schlund zu schauen wagt. Dabei bleiben seine Bildern jeglichem Restzweifel erhaben. Nur die Figuren straucheln. Singen und tanzen sie, sind sie dem Autor ebenbürtig und befreit, sprechen sie, dann sind sie hoffnungslos seiner Ideenlehre ausgeliefert, steif und mitunter leider auch unglaubhaft. Allemal aber ein wundersamer, streitbarer Film mit viel abgründiger Ehrlichkeit und berauschender Zeitlichkeit. Ein cineastisches Muss und eine großartige künstlerische Leistung.

A Fool and His Money (1912) von Alice Guy-Blaché

The beginning of a revolution.

The Consequences of Feminism (1906) von Alice Guy-Blaché

Die treffendste Parabel der Filmgeschichte.

Mädchen in Uniform (1931) von Carl Froehlich, Leontine Sagan

Ein exzellent gemachter und rebellischer Film voller Theatralik und Begehren. Ein Film, der ohne Mühen die Erotik zwischen Blicken, Körpern und Emotionen zu erwecken weiß, ohne bloßzustellen oder zu fetischisieren.

The Driver (1978) von Walter Hill

Besser als Drive, weil weniger stilisiert und reifer im Umgang mit dem Frauenbild, weil viel ungezwungener und aufgeklärter als Refn. Sorry to say.

Brazil (1985) von Terry Gilliam

Never ending classic.

Mekong Hotel (2012) von Apichatpong Weerasethakul

Not really important but simply relaxing to watch.

The Color Purple (1985) von Steven Spielberg

Nicht mehr zu ertragen. Ein unverschämter Film, absolut unreflektiert und garstig. Da gibt es auch nichts misszuverstehen. Man hätte mit Spielberg dafür hart ins Gericht gehen müssen.

Corpo Celeste (2011) von Alice Rohrwacher

Rohrwacher weiß, was sie ihren Figuren abverlangen kann. Umso länger sie sie in das Korsett ihrer Umsände zerrt, desto lauter kann sie am Ende die Pauke der Befreiung schlagen. Ein bewährtes, aber zu erfüllendes Konzept, das allem voran dank der Protagonistin aufgeht. Der zornige Jesus gefiel mir auch schon immer am besten.

Tabu (1931) von F. W. Murnau

Kolonialismus in, vor, hinter und durch Film. Etwas, das der Vergangenheit und allein der Vergangenheit angehören sollte. Bestechend nur in seiner Historizität. Murnau improvisiert hier spürbar. Dabei setzt er stark auf Theatralik und weniger auf Interpretation. Immerhin ist er mit seinem Ende konsequent.

Bones And All (2022) von Luca Guadagnino

Zeitverschwendung und Minusinspiration, da Überemotionalisierung und nervtötende Gitarrensounds. Ein schlechter Film und eine herbe Enttäuschung auf allen Ebenen (auch schauspielerisch).

Andere Welt (2014) von Christa Pfafferot

Beginnt stark, entlarvt sich aber zugleich durch unglückliche Temp-Mukke als zu tv-verwandt und verpasst es dann, sich selbst und seinen Recherche-Background ernst zu nehmen. Foucaults Panoptikum bleibt hier mehr eine bloße Behauptung, als ein sinnstiftender Unterbau.

Ludwig (1973) von Luchino Visconti

Visconti in seinem ganzen Glanz. Es ist sein Stoff, seine Welt, in die er uns entführen wird und in die er seinen Protagonist gefangen nimmt. Helmut Berger verkörpert die Fragilität Ludwigs mit großem Können und auch Romy Schneider lässt Kaiserin Elisabeth in eigenartig ambivalenten Momenten dem Wahnsinn entgegen driften. Die Kulissen sind pompös, aber trostlos, spärlich beleuchtet, jeglichem Zweck entledigt. Visconti ahnt es: das adlige Leben muss einem in dessen Ausmaß oft als sinnlos und kläglich erscheinen. Er lässt seine Protagonisten immer weiter verkümmern. All der Glanz und der Reichtum kann sie nicht vor ihrem Niedergang retten. Visconti inszeniert Ludwig wie einen Vampir. Zurückgezogen und in der Dunkelheit wandelnd, hat er keine Chance auf das freie Leben, dass er sich so ersehnt.

Ein großes Drama, mit wulstigen Dialogen und beeindruckendem Spiel.

De Humani Corporis Fabrica (2022) von Lucien Castaing-Taylor, Véréna Paravel

Eine cineastische Höllenqual. Krankenhäuser sind die schrecklichsten Orte der Welt. Danach geht nur noch tief durchatmen und weiterleben... irgendwie.

Beau Is Afraid (2023) von Ari Aster

Ari Aster macht vielmehr blutigen Anfängerfilm, als geniales Autorenkino. Der Film fliegt so hart auf die Fresse, wie man das nur selten im Kino beobachten kann und stellt alle anderen Arbeiten von Aster in Frage, weil man sich überlegen muss, was dieser Regisseur überhaupt im Schilde führt. Wenn man sich darauf bezieht, wie willkürlich Inhalte vermittelt werden, wie egal dem Regisseur das Publikum ist, dann muss man sagen, dass es entweder schlecht angelegt oder mit einem großen Stinkefinger (oder Riesenpenis) als Galionsfigur erdacht war. Wenn man sich auf das vernuschelte und nervig eintönige Schauspiel von Phoenix bezieht, dann muss man wohl eingestehen, dass es sehr sehr schlecht inszeniert und gespielt war. Wenn man von Filmen nichts erwartet, kein Problem mit einem zusammenhangslosen Ideenorgasmus hat, jegliches Stilgewichse und Schauspielergüsse bejubelt, dann kann man sagen, dass es gelungen war. Ich lehne diesen Film ausdrücklich ab. Aster hat sein eigenes Material, seine Ideen und seine AnimateurInnen nicht unter Kontrolle und gibt sich - und das ist das Schlimmste - einfach keine Mühe. Er stützt sich auf ein unausgegorenes und völlig überladenes Ende, das er unbedingt als Plottwist verkaufen möchte, ohne dass es das auch nur für einen Moment zu leisten vermag. Alles in diesem Film widerlegt sich selbst. Alles an diesem Film ist unwichtig, weil es sich selbst hintergeht, weil eine Idee die nächste frisst, den nächsten Autoren-Orgasmus erregen muss. Ari Aster hat an diesem Film viel zu wenig geleistet und viel zu viel gewixxst. Das sollte man ihm wirklich übel nehmen. Ich will noch weitergehen und sagen, wer diesen Film feiert, sollte den eigenen Hang zur autokratischen Propaganda hinterfragen. Denn dieser Film ist nicht weniger als eine Allegorie über einen wixxenden Hitler vor dem Spiegel im eigenen Badezimmer. Zumal man solche Filme richtig machen kann, indem man sein Publikum ernst nimmt, siehe Sukorow oder Jodorowsky.

Chronicle Of A Summer (1961) von Egdar Morin, Jean Rouch

Die ganze Debatte des Dokumentarfilms in einem Film, dank der scharfsinnigsten Filmemacher.

Mary Last Seen (2010) von Sean Durkin

Ein einziges, schön gefilmtes Cliché. Sad, sowas zu einem Film zu machen.

Zoe (1999) von Maren-Kea Freese

Ein cleverer, dreckiger Film, der die Ernüchterung über das stumpfe Sozialleben, das Kollektiv, die Kommunität in sich trägt und dabei voll und ganz auf seine zerrende Hauptfigur vertraut, die mit Bravour von Hartung umgesetzt wird. Ein echter weil ehrlicher Film.

Atmen (2011) von Karl Markovics

Ein stringent erzählter, einfühlsamer Film, der seinen Protagonisten sehr ernst nimmt und Handlung und Einfühlungsvermögen vor Erklärung stellt. Wärmste Empfehlung.

Red Road (2006) von Andrea Arnold

Schwer beeindruckendes Debüt voller menschlicher Wärme in einem finsteren Gewand.

Blissfully Yours (2002) von Apichatpong Weerasethakul

Fell in love even deeper on the second sight. This film breaths so deeply.

Pacifiction (2022) von Albert Serra

Kinematographisch eine Wucht, soundtechnisch experimentell und gekonnt, spielerisch grandios und am Ende doch ohne neue Ideen. Zama in Tahiti in heute, ohne den Funken einer Erneuerung, einer Denkleistung, was man mit dieser Welt noch anstellen könnte. Der Film ist delirierend, eine Glanzleistung, aber bezogen auf die Haltung, wenn auch ehrlich in Anbetracht des Alters des Regisseurs, doch kümmerlich. Alte Männer, ohne Ideen für ihr Leben, versenken sich im Machtspiel, das bis zur maximalen Eskalationsstufe reicht, nur das glorreiche Ende in Sicht. Nun gut, kann man machen. Das Problem: genau diese Attitüde hat eben auch der Film. Mein Vorschlag: Nehmt den alten das Geld weg und schaut dann, wer noch gute Filme macht. Albert Serra könnte einer davon sein, müsste sich aber wohl nochmal ordentlich straffen...

Von wegen Schicksal (1979) von Helga Reidemeister

Sehr empfehlenswert, weil unheimlich stark und intim. Dokumentarfilmmeisterhaftigkeit.

Alle reden übers Wetter (2022) von Annika Pinske

Erfrischend, pointiert, wahnsinnig schlau geschrieben und berührend. Ein heißes Debüt!

A Chiara (2021) von Jonas Carpignano

Auf allen Ebenen ein schlimmes, prätentiöses Versagen.

Meteorites (2007) von Apichatpong Weerasethakul

Just point, shoot and overlay.

Mysterious Object at Noon (2000) von Apichatpong Weerasethakul

Künstlich zu lang gehalten und trotzdem bestechend. Ein Film wie ein Puzzle, nur andersrum.

The Fabelmans (2022) von Steven Spielberg

A old man loosing his shit and finally becoming a TV director. And Michelle Williams is loosing her shit too.

Top Gun: Maverick (2022) von Joseph Kosinski

All the glory of Hollywood, if not of the US, for one last time. This movie is all about an heartbroken nation and one can feel it throughout. Farewell, great American narratives, farewell, I‘ll miss you, but only a little bit.

The Boss of it All (2006) von Lars von Trier

Referiert lustiger und pointierter über die Kunst, als 99% aller anderer Komödien. Dogma pur.

Post Tenebras Lux (2012) von Carlos Reygadas

One might not understand everything but one does feel it all.

Nichts passiert (2015) von Micha Lewinsky

Eskaliert total! Geschickt erzählt und dramaturgisch gekonnt, strebt dieser Film nach unbekannten Höhen, die im deutschsprachigen Kino sonst keine Beachtung erhalten. Als Zuschauende werden wir dabei in die Zange genommen und dank der von Striewso verkörperten Hauptfigur in die eigenen Abgründe hinein getrieben. Der Film arbeitet da beinahe in Manier eines südkoreanischen Thrillers. Das ist gelungenes Kino.

Point Break (1991) von Kathryn Bigelow

So much cheesiness should be forbidden.

No Man's Land (2001) von Danis Tanovic

Krieg kennt keine Argumente.

The House That Jack Built (2018) von Lars von Trier

Schwierig. In allen Belangen. Von Trier zielt auf die Seele und schießt dafür durch die unzähligen Köpfe der Moral. Er nimmt Kollateralschäden in Kauf. Ob er dabei auf dem richtigen Weg ist, bleibt kritisch zu betrachten. Es scheint mit doch offensichtlich, dass er sich in Menschenhass und Niedertracht verfangen hat. Das ist irgendwo bedauerlich, bezogen auf das Werk von von Trier. Aber auch solche Filme muss das Kino zulassen.

Niemand ist bei den Kälbern (2021) von Sabrina Sarabi

Hat mich maximal unberührt zurückgelassen aufgrund von mangelnder dramaturgischer Klarheit und einem ermüdenden Spiel. Bezeichnend, dass so ein Film in Deutschland Aufmerksamkeit erregt.

The Whale (2022) von Darren Aronofsky

Viel ist hier einfach zu viel. Sadie Sink ist als Gör kaum zu ertragen und immer, wenn es gerade inszenatorisch interessant wird, muss Aronofsky auf Tränen und Gebrüll und Flashbacks schneiden. Das ist mitunter manchmal dämlich und manchmal sogar lächerlich und wird der Performance von Fraser nicht gerecht, die im Übrigen auch nur deshalb aufblüht, weil sie zu dem theatralischen Moment passt, das Aronofsky ständig zu erzeugen versucht, unnötigerweise.

Earth (1930) von Oleksandr Dovzhenko

Die Moral der Kirche ungenügend, die herrschenden Verhältnisse desaströs, die Tradition ein Hindernis. Nur die Kühnsten erwägen das Paradies in greifbarer Nähe. Die Erde allein nur kann es sein!
Reinen Gewissens erzählt dieser Film vom bolschewistischen Traum der Kolchose. Die perfekte Mischung aus Schauspiel, Dokumentarfilm, Propaganda und Utopie. Ein Gedicht an Bildern und Emotionen, eine politische und poetische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Ideologien seiner Zeit. Ein Vorbildsfilm, natürlich nicht ideologiefrei, aber umso besser, weil er weiß, was er unbedingt will!

Burial (2022) von Emilija Skarnulyté

Die Textblenden beginnen mit der Zeit zu nerven. Ebenso das bisweilen sehr artifizielle Sounddesign, das weder abstrakt genug, noch authentisch gehalten ist und dadurch in einen zwiespältigen Graubereich der Verpfuschung abdriftet. Dem Film haftet ein Trendmitläufertum an, das allen voran die Schlange belegt. Ich meine: Wozu? Trotzdem bleibt die abgebildete Atomindustrie, wie der Titel schon verspricht, vernichtend im visuellen und metaphysischen Wirkungsgrad ihrer Darstellung.

The Moment of Truth (1965) von Francesco Rosi

Filme, wie es sie öfter geben müsse. Geradlinig, echt und lebensnah, die genau wissen, was sie zu erzählen haben. Eine cineastische Errungenschaft des Einfachen.

Fassbinde - Liebe ohne zu fordern (2015) von Christian Braad Thomson

Nie wurde jemandem mehr verziehen.

Malcom X (1992) von Spike Lee

Ein zwiegespaltenes Porträt einer zwiespältigen Persönlichkeit projizierter Wünsche und Hoffnungen, verzweifelter Ungerechtigkeiten und des Existenziellen, mit manipulierbaren und narzisstischer Zeichnung. Lee wahrt ein distanziertes Verhältnis zur Figur des Malcom X und verfällt auch am Ende nicht in eine Jubelei, bis er dann die Pre-Collage einläutet und leider alle wahrnehmbaren Ambivalenzen mit einem Mal platt trampelt. Das ist für mich im Sinne der filmischen Herangehensweise nicht wirklich verständlich, aber wohl im Sinne der historischen Aufladung. Das Aufbegehren und Stimmefinden des Afroamerikanischen ist durch diesen Film maßgeblich und entsprechend dem empfundenen Schmerz und  Leid manifestiert worden und als filmische, als auch als gesellschaftliche Leistung zu verstehen. Wuchtig!

Killing Them Softly (2012) von Andrew Dominik

Inszenatorisch abgebrüht, dramaturgisch geradlinig  und im gewählten Kontext verankert. Es entscheidet das Recht des Stärkeren, wenn der Staat vor die Hunde geht.

Angel Dust (1994) von Gakuryu Ishii

Definitiv eine der spannenderen Entdeckungen des Thrillergenres. Gespickt mit exzellentem Filmemachen (z.B. die Waschmaschinenszene) und schier endlosem Einfallsreichtum, treibt es dieser Film leider nur mit seinem eigenen Konstruktivismus zu weit und überstrapaziert dabei die relativ fragile Antagonistenrolle des Aku. So weiß er sich am Ende auch nur mit einem Deus Ex Machina zu helfen und entlarvt dabei doch seine eigenen, inhaltlichen Lücken und Strapazen. Das Filmische ist dabei aber so gekonnt und stilistisch einprägsam, dass ich die Sichtung auf jeden Fall empfehlen möchte.

Tropical Malady (2004) von Apichatpong Weerasethakul

Alles, was Film können kann.

Decision to Leave (2022) von Park Chan-wook

Ein bis ins letzte Detail ausgeklügelter Film, der seiner Konstruktion ganz und gar gerecht werden will. In beinahe jeder Minute vermittelt der Film eine Information, die sich im Handlungsverlauf einlösen wird. Der Regisseur scheint erpicht darauf, dass nichts umsonst, nichts ohne Grund passiert. Wortwörtlich ein Puzzlespiel. Für mich zu schulmeisterlich, zu abgeschlossen und zu wenig Platz zum reindenken, abtauchen und fühlen. Trotzdem handwerklich natürlich absolut on point, wobei ich die Anbiederung des Weitwinkels als Sackgasse empfinde. Wieder einmal wächst hier der Film dem Game entgegen. Für mich ist das nicht der Weg.

The Ascent (1977) von Larisa Shepitko

One of the most important films (and no not for the reason of propaganda).

JLG/JLG Self-Portrait in December (1994) von Jean-Luc Godard

Godard gibt spannende Einblicke in den Gedankenprozess. Im Sinne des Essayismus ein beachtliches Werk voller kognitiver Selbstresonanz.

Zoo (2017) von Robinson Devor

Der dümmste Dokumentarfilm überhaupt.

Kids (1995) von Larry Clark

Nihilismus bis zum bitteren Ende und darüber hinaus.

Diary of a Chambermaid (1964) von Luis Buñuel

An der Grenze zum schlechten Geschmack und Bunuels dunkelster Film.

Pierrot le Fou (1965) von Jean-Luc Godard

Am Ende kann der Film seine 801 Botschaften leider nicht mehr abliefern. Aber natürlich ist die ganze Anlage hier so meisterhaft und nonchalant, das man nur niederknien möchte.

Close (2022) von Lukas Dhont

Emotionales Vollgas, aber zu konventionell.

Mademoiselle (1966) von Tony Richardson

The very best of the best. Wild forever.

Carnival in the Night (1981) von Masashi Yamamoto

Tiefste Abgründe erkundet. Für winzigstes Budget. Maximale Kredibilität.

Tag der Idioten (1981) von Werner Schroeter

Dieser Film von Werner Schroeter ist ohne Zweifel ein vergessenes, wie unvergessliches Meisterwerk unterhalb des Mainstream-Radars, ein fesselndes Filmerlebnis ohne mir bekannte Vergleichsmöglichkeiten, ein echtes Wagnis, ein im höchsten Maße erschütterndes Experiment, voller visueller Versiertheit, auditiver Gewalt, Erneuerung stilistischer Mittel sowie expressiver Freizügigkeit ohne Unterlass. Ich wurde von der Erzählung erschüttert und habe mich den Träumen der Protagonistin mit viel Ehrfurcht  angenähert, ohne sie jedoch vollends zu durchschauen. Hierfür ist dieses Werk zu vielschichtig und die Wirkweise zu paralysierend, dass dies auf das erste Mal Schauen gelingen könnte. Ich freue mich schon jetzt auf den zweiten Anlauf und möchte jedem/r Filmfreund*in diesen höchst verstörenden Fiebertraum ans Herz legen. Ein Hochgenuss und ein Denkmal des Kinos!

Cat People (1942) von Jaques Tourneur

Gut aufgebaut und mysteriös inszeniert, löst der Film am Ende seine emotionalen Versprechen nicht ein und geht über wichtige, filmische Momente hinweg. Er agiert am Ende zu hastig.

Notes Towards an African Orestes (1970) von Pier Paolo Pasolini

Pasolini gibt hier alles. Ein enorm wichtiger Essayfilm über das, was am Filmemachen wahr und möglich ist. Ein Vorhaben das Scheitern muss, vor allem in der postkolonialen Auseinandersetzung mit Afrika. Trotzdem Chapeau! Unbedingt sehenswert!

The Innocents (2021) von Eskil Vogt

Dieser Film funktioniert gut, aber bewährt sich nicht! Hinter der großartig ausgearbeiteten Atmosphäre (Bild, Ton, Musik) verbirgt sich doch wenig. Einige Inszenierungen entfernen sich zu weit vom ursprünglichen Duktus (der bebende Wald, die seltsamen Nachtgestalten), andere bleiben zu schwach (der Gips am Ende). Am Ende geht es einzig um Leben und Tod, das Brennpunkt-Setting der Hochhausvillen wird krude instrumentalisiert, rassistische Stereotypen genährt und kindliche Fantasie ausgehebelt und auf ein “Horrorszenario” hin gemünzt. Man könnte es auch Zweckentfremdung nennen. Die guten Ansätze werden von Ideenarmut und Horrorklischees erstickt. Schade.

Petite Maman (2021) von Céline Sciamma

Die kindliche Fantasie als unerschöpflicher Mythos, die Mutter als Maß aller Dinge, freigesprochen von Ödipus dank Sciamma. Simpel und wirkungsvoll.

Bungalow (2002) von Ulrich Köhler

Ein Sogkraftfilm mit höchst gewalttätigen Anwandlungen. Uff!

Fire at Sea (2016) von Gianfranco Rosi

Dieser Film hält echte Wellenbrecher bereit. Wie vernichtend das Leid der Migranten auf alle Beteiligten wirkt und wie erbärmlich diese Situation ist, wird klar deutlich. Das Schockpotential spielt der Film bewusst aus und bleibt dabei doch anständig und würdevoll. Wie das Leid auf Lampedusa in alle Lebensbereiche einsickert und selbst das Musikhören nicht mehr genießbar machen mag, wird subtil erzählt und überwältigt in seiner Wirkung. Subtil und gehaltvoll sind dann die Ausreisser in Samuele‘s hypothetische Welten, die uns zeigen, wie auch die Jüngsten Bewohner Lampedusas im Angesicht der verlorenen Seelen, die auf ihrer Insel stranden, bereits selbst verloren gehen. Eine klare Lose-Lose-Situation. Wir müssen diese Krise meistern und den Menschen helfen, die nach Europa kommen. An Bord, in Auffanglagern und auf dem Lebensweg. Sonst ist Europa, sonst sind wir alle, verloren.

Broadway by Light (1958) von William Klein

Die denkbar einfachste Filmidee in NewYork.

Russian Ark (2002) von Aleksandr Sokurov

Ach Russia... warum?! Ein herausragender Film!

Ordet (1955) von Carl Theodor Dreyer

We must believe.

Belle de Jour (1967) von Luis Buñuel

Man muss diesen Film im Kontext der gegenwärtigen Debatte lesen. Dann wird er nur noch besser und bewährt sich mit eindrucksvoller Urgewalt. Ich glaube an Buñuels Aufgeklärtheit und seinen Wunsch dem weiblichen Geschlecht Freiräume zu verschaffen.

EO (2022) von Jerzy Skolimowski

Sensory Ethnography oder besser gesagt Biography bahnt sich ihren Weg ins Erzähl-Kino. Ein Film wie ein Flickenteppich, mit starken Ansätzen und wichtigen Ideen, aber tiefgehend genug gereift.

Lawrence of Arabia (1962) von David Lean

Die Mutter aller Antikriegsfilme und postkolonialer Helfersyndrome.

Aftersun (2022) von Charlotte Wells

Großartiges Debüt dank großartiger Kamera und der Einfühlsamkeit des sehnsüchtigen, verliebten Blicks einer Tochter auf ihren nicht ganz so perfekten Vater. Ein Film, der so unscheinbar daherkommt, dass er Tiefe erzeugen muss, um zu bestehen und dies mit Bravour meistert. Ein gefühltes Meisterwerk und ein erlebtes Trauern; durch und durch mit Liebe gemacht.

Berlin Chamissoplatz (1980) von Rudolf Thome

Rudolf Thome macht eigentlich immer Filme im richtigen Ansinnen aber leider oft mit dem Beigeschmack eines öden Coolnes-Faktors, der den Film manchmal fast verhindert. Das ist ärgerlich.

White Noise (2022) von Noah Baumbach

Noah Baumbach hat hier sehr viel Spass an Kino, konstruiert sich um Kopf und Kragen, wird dabei originell in seiner Art Ironie und Tragik zu kombinieren und verfängt sich am Ende leider in einem Luftschloss, das sich wie ein Crash anfühlt. Immerhin schleudert er uns dann nochmal eine bezaubernde Hommage an Chantal Akerman um die Ohren, die das Musical „Golden Eighties“ erinnert. Sehenswert!

The Mischief Makers (1957) von François Truffaut

Kein kluger, kein charmanter Film. Das große Problem der Nouvelle Vague bleibt das Frauenbild. Unreflektiert auch hier bis zum schwachen Ende. Schade.

Theorem (1968) von Pier Paolo Pasolini

Dieser Film bewegt sich für mich auch nach wiederholtem Schauen zwischen Gut und Böse.  Pasolini übertreibt hier durchaus und beginnt die Phase seiner pathetischeren Filme. Aber er bietet hier, dem Sujet des Films entsprechend, keine Lösung für das Dilemma an, in das er uns hineinversetzt. Er bleibt ambivalent, aber dabei in keiner Weise unentschieden. Der Film nervt, tut weh und wirkt sich auf unsere Wahrnehmungsgewohnheit aus. Wir vermissen solche Filme heute.

Crumb (1994) von Terry Zwigoff

Kunst zwischen Abart und Überlebenstrieb, zwischen Trauma und Täterschaft. Crumb ist weit mehr als ein beliebiges Künstlerportrait. Dieser Film verhandelt die Eigensinnigkeit von Kunst, die niemals frei von den Schöpfenden ist und doch nach einer anderen Achtung verlangt. Sie muss entmenschlicht werden um wieder menschlich zu werden. Sie will frei sein von dem, was sie geschaffen hat. Die große Durchlässigkeit ist das, wovon wir alle nur träumen können. R. Crumb, als Mensch, hat das nicht einmal im Ansatz begriffen, aber als Künstler sehr wohl. Vielleicht ist dieser Film eines der schönsten und ambivalentesten Werke über Kunst, die es gibt. Ein echtes Mahnmal. Jede*r sollte ihn gesehen haben.

Tokyo Story (1953) von Yasujiro Ozu

Das Leben ist eine Enttäuschung, aber wenn es so ist wie bei Ozu, dann nimmt man das doch gerne mit. Ich glaube ja, dass Ozu und Dreyer im Himmel eine Liebesbeziehung führen und so richtig hart rummachen. ❤️❤️❤️❤️🤟🏽

The Congo Tribunal (2017) von Milo Rau

Milo Rau macht hier alles richtig. Das ist ein großes Werk mit großer Sensibilität und enormer Wirkmächtigkeit. Man will gar nicht wissen, welche Bemühungen Rau angestellt hat, bis er das Tribunal in der Form auf die Beine stelle konnte. Ganz große Kunst, große Diplomatie und ehrliche Beweggründe. Chapeau!

Glut (1995) von Fred Kelemen

Eine spannende Reise voller Niedertracht, hinein in die Doppelmoral und Sensationsgetriebenheit, ausgelöst durch einen makabren Zufall der Nacht und den Durst nach mehr... Der Titel sagt alles: „Glut“.

Bardo, False Chronicle of a Handful of Truths (2022) von Alejandro González Iñárritu

Luzides Träumen als Realitätsbewältigung. In Tradition zu Bergmans „Wilde Erdbeeren“, Sorrentinos „Die Hand Gottes“ und Cuarons „Roma“ verwirklicht sich jetzt auch Iñárritu autofiktional. Kann man machen (und hat einige grandiose Ideen) muss man aber nicht (vor allem wird man doch schnell des Weitwinkels müde...).

Wir können nicht anders (2020) von Detlev Buck

Detlev Buck ist ein unreflektierter Menschenfresser ohne jeglichen Humor und jegliche Moral. Er tritt den deutschen Film mit allem was er hat. Detlev Buck sollte ernsthaft wieder arbeiten gehen, vielleicht auf einem Bauernhof, um etwas über Respekt zu lernen. Der hat sie ja nicht mehr alle. Und so einer darf Kinderfilme machen! Nur ein moralisch so verkommenes Publikum, wie das der deutschen Fernsehsender kann das auch noch gutheißen. ZDF ihr Mofas!

The Wild Blue Yonder (2005) von Werner Herzog

Fast ein Totalausfall, ausgenommen die musikalische Gestaltung. Hier geht Herzogs Spekulation zu weit und entlarvt sich selbst als lächerlich.

La Soufrière (1977) von Werner Herzog

Der Film, der die Legende erweckte. Natürlich hochkarätig lebensmüde, aber dadurch natürlich auch umso anziehender. Persönlich verstehe ich Herzog, der hier ein Tänzchen mit dem Tod schlicht nicht ausschlagen konnte.

Little Dieter Needs to Fly (1997) von Werner Herzog

Best of the best. Dokumentarfilm wie er sein sollte, nämlich spekulativ.

Possession (1981) von Andrzej Zulawski

Merry Crisis, what was that?! Ein Horrorterrorberlinodino aus den 80ern mit ordentlich Kawumms und Ekel? Na logo! Welche Frauenrolle hier auch immer mitverhandelt wird, wirklich gutgesinnt sind wir ihr nicht. Das ist schon Abuse level over 9000, aber eben auch genauso der unaufhörliche Selfabuse der Männlichkeit und eigentlich abusen sich alle ständig gegenseitig, was schön ist, denn somit heben sich Gewaltklischees und Gaze-Diskussionen auch gleich wieder auf. Natürlich ist der Film auch viel zu schräg, um mit so einem Diskurs überladen zu werden. Ich denke dabei sowieso nur an das hoffnungslos verlorene Scheidungskind in der Mitte des ganzen Wahnsinns und an die Spiellust, die man braucht, um einen solchen Film als Schauspielende durchzuhalten. Man, das ht Laune gemacht! Aber mal ehrlich, es müsste doch ganze Stapel an Essays zur Rolle des Kindes in diesem Film geben, oder? Hat sich da mal jemand reingefuchst? Scheidungskindertraumata incoming.... Naja, Sam Neil hatte halt schon immer 'n ganz guten Riecher mit seinen Rollen... Dafuq!?

On Death Row (2012) von Werner Herzog

Nach 300min habe ich hiervon wirklich genug und skippe die letzte Folge. Herzog, das hast du ja dann auch selbst begriffen, dass es dann mal reicht. Zu viel Sensationsgetriebenheit im Sinne von Verbrechen und Dunkelheit stiftet eigene Abgründe, die auch hinter der Kamera nicht mehr zu verbergen sind. hier hat sich Herzog erschöpft und eine moralisch Verfehlung geleistet. Eine Dokumentarfilm-Lehrstunde.

Blonde (2022) von Andrew Dominik

Dies ist ein Diskursermöglicher aus der Pupille des Male Gaze heraus, kein Diskursverweigerer. Hier will sich Dominik in seinem, dem eigenen Geschlecht gegenüber empfundenen Selbsthass mitteilen, nicht in seiner fetischistischen Herangehensweise. Die Doppelzüngigkeit der woken MoralistInnen hat diesen Film verunmöglicht, bevor man ihn überhaupt für bare Münze genommen hat. Schade, denn ich finde hier wurde verdammt viel richtig gemacht, wenn sich dies auch in der Länge nicht immer gerechtfertigt hat. Monroe ist auch ein männliches Sujet. Es ist ein Symbol patriarchaler Gewalt. Nur wer den Männern die Umkehr und die Übersetzung ihrer patriarchalen Strukturen und Antriebe in eine Neuerzählung erlaubt, kann von ihnen Läuterung erwarten.

I'm Thinking of Ending Things (2020) von Charlie Kaufman

Sehr seltsam zurückgelassen (ja, man möchte schreiben: verstört oder durch den Wind, aber das trifft es auch nicht), lässt mich dieses Werk rätseln. Schließlich hat es über einen Zeitraum von 90min meine Gefühlswelt aufgewirbelt nur um mich dann, wieder 45min später, völlig unberührt zu entlassen. Was ist passiert? Kann es sein, dass Kaufman einfach kein guter Regisseur ist, der Kamera, Schauspiel und Dramaturgie zu seinem Vorteil zu führen bzw. seiner Sache entsprechend einzusetzen vermag? Hat er hier den Bogen seiner Selbsteinschätzung und autobiographisch angehauchten Verwobenheit überspannt? Steht er zu groß vor dem Werk? Und um was ging es ihm eigentlich? Sicherlich nicht un Suizidalgedanken, denn das erzählt der Film am Ende überhaupt nicht mehr... Das Problem ist eher, dass der Film überhaupt keine Einladung ausspricht, dem Warum auf die Schliche kommen zu wollen. Sprich: er verwirrt so sehr, dass er jegliches Interesse erstickt. I‘m thinking of ending things wirkt am Ende wie ein Studentenfilm, der einige Sachen richtig gemacht hat, dann aber doch völlig falsch abgebogen ist. Bemerkenswert weil extrem nervig, sind auch die vielen Kamerafahrten und -winklel während der Autofahrtszene.

The Fire Within (2022) von Werner Herzog

Solider Herzog, der eben nicht anders kann, als sich Geschichten anzueignen. Zum Glück, möchte man sagen.

Three Women (2022) von Maksym Melnyk

Der Film wagt auf eine schmale Gratwanderung zwischen Selbstinszenierung auf Seiten der Regie und einer aufrichtigen Suche nach Zugang und Verständnis für seine Protagonistinnen. Im Sinne der Erzählung, für die sich der Regisseur hier entscheidet, ist es auch, dass Männer gar nicht oder wenn dann nur sehr klischeehaft abgebildet werden. Das geht für mich auch total in Ordnung, wäre wohl nur umgekehrt in dieser Weise ein Skandal. Soviel sei dazu gesagt. Ich finde es liegt im Sinne der Protagonistinnen, dass sie hier Unterstützung bzw. Schärfung durch die Montage/Regie erfahren und dadurch auch ihre persönlichen Schicksale stärker hervortreten.  Das berührt und wird durch die Abwesenheit der Männer konterkariert. Die Bindung zu Protagonistin Hanna ist ausgesprochen stark und überschreitet zuweilen die distanzierte und klassische Form einer dokumentarischen Betrachtung. Angesichts des aktuellen Kontexts des Krieges in der Ukraine entwickelt sich eine nochmal größere Zugkraft und Sehnsucht gegenüber diesen drei Frauen, dem Dorf, der Natur und wiederum den Sehnsüchten der Abgebildeten. Ein wunderbar zerrissenes und aufrichtiges Werk voller Wärme und Herzschmerz.

Miyama, Kyōto Prefecture (2022) von Rainer Komers

Schöne Bilder aber maximale Zerstreuung und Deplatziertheit. Was sollte dieser Film?

Wenn's Leben beginnt (2022) von Gabriel Monthaler, Samira Fux

Formal inkonsequent betrachtet dieses Erstlingswerk das dahinsiechende Dasein einer starken Raucherin und Trinkerin und Tabakladenbesitzerin. Ein klassisches Porträt, das sich in ein prekäres Milieu vollen Intimität und sozialer Zerrissenheit wagt und dort seine Relevanz findet. Formal mit einigen Schnitzern.

Eigentlich eigentlich Januar (2022) von Jan Peters

Im Festivalrausch ein echter Palate-Cleanser, der mit einer großartigen Lust am Sichtbarmachen und Fabulieren gleichermaßen daherkommt. Der Film hat eine Leichtigkeit, die ganz dem autobiographischen Text und der gekonnten Montage zu verdanken ist. Er spielt dabei mit den Parametern der Geschwindigkeit und Collagierung. Leider erschöpft er sich an seinem Erzähler/Autor und dessen Humor, die anfänglich tragen und auch zu überraschen wissen, über die Laufzeit von 100Min aber einfach nicht tragen. Die Länge ist hier dem konsequenten Einhalten der Form geschuldet, die eine vollgequatschte Rolle Film pro Tag vorsieht. Interessant, aber nicht in eben dieser letzten Konsequenz.

Zusammenleben (2022) von Thomas Fürhapter

Wagt nichts, macht nichts falsch, bildet einfach nur ab. Befriedigend, in Teilen auch charmant und erhellend, aber auch nicht mehr.

Japan - Big Lagoon Village (2021) von Stefanie Gaus

Diese konsequent gefilmte Ortsbegehung, bzw. „Ortsdurchfahrung“ steht offen im Raum. Hier können kontemplative Erzeugnisse entstehen, wenn man derlei Filme sehen will und kann. Das muss man durchaus auch erst einmal lernen. Die Länge und das Durchhaltevermögen, die der Film dem Publikum abverlangt sind zumindest gewöhnungsbedürftig. Der große Benefit ist der Denkraum, der sich dabei eröffnet. Hier lernen wir nicht unbedingt über die politischen oder ökologischen Hintergründe sondern über den Gang der Zeit, der einen bestimmten Ort und das Verhältnis der Protagonisten zu diesem verändert. Diese phänomenologische Art der filmischen Untersuchung über unser Verständnis von Raum und Zeit ist aufdringlich, eindringlich und nicht verhandelbar. Bedenkenswert ist die Reaktion des jüngeren Publikums, das nicht bereit zu sein scheint, sich einer solchen Kontemplation über das eigene Denken aussetzen zu wollen. Das scheint mir bedauerlich und eine verpasste Chance. Noch konsequenter hätte die Ortserfahrung im Film sein können, indem dieser selbst in einem detaillierten Maße in seiner Geisterhaftigkeit untersucht wird.

Kayu Besi (2022) von Max Sänger, Andrianus Oetjoe

Der Film traut sich noch da hinzugehen, wo es weh tut. In den Bereich des Ertragbaren. Auf eine Insel bei Papua, auf der uralte Bäume aus dem tropischen Urwald abgeholzt werden. Er zeigt die schmerzhafte Ambivalenz zwischen der Romantisierung der Natur und dem Triebhaften, Nutznießenden des Menschen. Dass diese heimliche Begeisterung aus der Reibung von Zerstörung und Wertschätzung für die Natur (des Regenwaldes) entspringt, scheint den meisten Zuschauenden bereits unaufhaltbar. Ein Publikum, das diese Ambivalenz nicht ertragen kann, ist nicht bereit sich zu reflektieren oder gar zu ihrem eigenen Naturell zu bekennen. Es will nur moralisieren. Der Film referiert aber genau über den Moment, der zwischen dem Beobachten einer Fliege an der Fensterscheibe und dem Zerschlagen dieser mit Hilfe der Fliegenklatsche existiert. Schaurig schön.

Benedikt (2022) von Katrin Memmer

Die Anlage des Films ist richtig. Eine Intention der Autorin spürbar und Benedikt ein interessanter Charakter. Leider wird dieser im Film aber fast auf stumm geschalten und bleibt letztlich als blasse Schablone für junge, allein lebende Bauern zurück. Beinahe wirkt es so als wäre die Vorstellung einen so stilsicher daherkommenden Film zu machen wichtiger gewesen, als einen Film über Benedikt zu machen. Benedikt kam dann gerade recht. Der Film bedient sich einer überreizten Ästhetik der Vimeo-Dokumentationen des vergangenen Jahrzehnts. Der Film will analog, kann aber nur digital (bis auf eine Super8-Rolle am Ende, die wie ein Kunstgriff daherkommen soll, aber ein Griff ins Klo ist). Die Frage die sich unweigerlich stellt, ist: Was wollte die Autorin? Ich denke: nicht viel, außer einen schönen Film über ein menschliches Verhältnis zur Natur zu machen. Dafür hätte aber eine 30-minütige Ortserkundung ohne Benedikt viel mehr Sinn ergeben. Oder eine komplette Stilisierung seiner Person als Phantom. Ich werfe dem Film vor, hier nicht konsequent gemacht zu sein. Die Autorin sprach nach dem Film davon, sich mit ihrem Blick von Benedikt weggesehnt zu haben, hin zu Prozessen, Natur und Körper. Aus Unvermögen heraus kann sie dabei die Kamera nicht selbst führen und überlässt dies einem Kameramann. Daraus entsteht zweifelsohne ein grobes Kompromissprodukt, das keiner Seite gerecht wird. Weder der Intention der Autorin, noch Benedikt, noch einer Kontemplation über Mensch und Natur. Make no Vimeo docs!

Love, Deutschmark and Death (2022) von Cem Kaya

Ein selbstgefälliges Werk, das als Langversion von Arte-Tracks daherkommt. Der Film eröffnet das hochspannende und interessante Milieu der migrantischen Popkultur der 60-90er Jahre unter der Behauptung einer persönlichen Auseinandersetzung des oder der Autoren mit dem Thema. Leider bleibt er dabei in einer werbeähnlichen Ästhetik und plumpen, zu schnell verschnittenen Interviews  verhängen, deren Wirkung sich durch den Schnitt und die Regie (Fragen) verschleiern. Der Regisseur fegt hier über sein eigenes Sujet hinweg, in der Annahme diesem gerecht zu werden. Das ist insofern bedauerlich, dass dieses Thema eine tiefgehendere Auseinandersetzung verdient hätte. Die ergreifende Musik der migrantischen und in diesem Fall türkischstämmigen KünstlerInnen müsste doch den perfekten Eingang in eine zerrissene und herzerwärmende Erzählwelt bieten, die der Film, im Schnittwirbel und den Materialschlachten der Archivbilder verfangen, einfach verpasst.

All Quiet on the Western Front (2022) von Edward Berger

Gefällt sich selbst etwas zu sehr, hat einen Protagonisten der die ganze Zeit seinen Unterkiefer schlottern lässt und in den entscheidenen Momenten nicht aus seiner Standardgrimasse heraustreten darf oder kann. Und trotzdem eine anschauliche Produktion.

Ferien (2007) von Thomas Arslan

Das ist nicht schlecht, aber auch einfach zu einfach. Arslan verfängt sich sich in seiner Form und wird Didakt.

Der Schöne Tag (2007) von Thomas Arslan

Monoton gespielt, geht es fast auf, bleibt dann aber nach 70min doch etwas blass. Auch inhaltlich kommt der Film nicht so wirklich aus den Startlöchern, was nichts mit der vorgetragenen Offenheit in der Interpretation seines Themas zu tun hat. Trotzdem möchte ich in Arslan‘s Berlin abtauchen und mich an seiner Sensitivität und Ästhetik laben. Wunderbar schön gemacht und ergründet. Empfehlenswert!

Jamon Jamon (1992) von Bigas Luna

Dass der Mensch im Stande ist sowas dummes und verwerfliches aus sich hervorzubringen wäre Grund genug, ein lebenslanges Arbeitsverbot auszusprechen.

The Northmen (2022) von Robert Eggers

Aufgewirbelter Staub.

Land des Schweigens und der Dunkelheit (1971) von Werner Herzog

Dass dieser Film nicht als Nonplusultra und absolute Pflichtvorführung in allen deutschen Bildungseinrichtungen gilt, ist mir ein Rätsel. Mit wie viel Vehemenz kann man ein Thema vorbringen? Wie schön kann man Unbegreifbares begreifbar machen? Wie einfach kann Film sein? Lasst uns diesen Film wiederentdecken, wir brauchen ihn. Und wie immer gilt: What would Werner do?

Strange Days (1995) von Kathryn Bigelow

Grundsätzlich spannende, aber hollywood-typische Grundidee, die sich in einer schäbigen Story wiederfindet und von der miesen Dramaturgie schließlich verhunzt wird.

2 or 3 Things I Know About Her (1967) von Jean-Luc Godard

Extrem klug kombinierte Kinopoetik. Godard bricht den Spiegel, setzt ihn wieder zusammen und bricht ihn erneut.

The Captive (2000) von Chantal Akerman

Auch dieser Film ist Chantal Akerman auf den Leib geschrieben. Ein Fest der patriarchalen Entzauberung. Sehr wichtig und empfehlenswert!

RRR (2022) von S.S. Rajamouli, oder besser: des neuen hinuistischen Nationalismus von Narendra Modi

Was dieser Film hinter dem Spektakel eigentlich erzählt ist arg schlimm. Ich habe einfach keine Lust mehr auf neue Nationalmythen und patriarchale Hymnen. In der Realität ist es doch genau das, was uns derzeit ins Verderben stürzt. Warum sollte ich also im Kino Freude daran finden? Dieser Film spielt sowas von oberdeutlich mit der Ideologie eines Putin, Xi, Modi uvm., dass mir die bloße Unterhaltung hier als Argument niemals ausreichen darf. Tut mir Leid für alle Spekatkelliebhaber, aber hier gibts mehr zu sehen, als nur bezaubernde Männeraction.

1000 Arten Regen zu beschreiben (2017) von Isabel Prahl

Beginnt vielversprechend, dann prätentiös, dann trivial, dann wirds schmerzhaft... Der Plot entwächst dem Sujet und weiß bald nicht  mehr, wo oben und unten ist.

Geschwister – Kardeşler (1997) von Thomas Arslan

Früh übt sich. Die Entdeckung von Kook Savas uvm. Arslan versucht sich hier erfolgreich an einer Alltagsstudie im Sinne dieses Wortes. Mir ist es zu klar, zu langweilig, zu deutsch... Vor allem für einen deutschtürkischen Filmemacher. Berliner Schule halt, wat willste machen...

The Card Counter (2021) von Paul Schrader

Ein blutleerer Film, der so dahinzuplätschern weiß und dabei höchst tvesque aussieht. Das ist dann auch schon alles.

2001: A Space Odyssey (1968) von Stanley Kubrick

Kubrick hat schon teilweise hart übertrieben. Aber natürlich einfach endlose Klasse.

The Serpent's Egg (1977) von Ingmar Bergman

Bergman’s düsterster Film, ohne Zweifel. Der perfid-perfekte Mix aus Historizität und seinen persönlichen Themen, die da wären Verlust der persönlichen Freiheit und psychischen Gesundheit. Bergman zeigt hier im schaurig tristen Setting des Berlins der 20er Jahre, wie hilflos wir den gesellschaftlichen Umwälzungen ausgeliefert sind und welche Perversionen diese im Menschen und aus seinem Zustand der Angst hervorbringen können. Anhand des Protagonisten erleben wir einen beispiellosen Zerfall der psychischen Stabilität im Archiv des Kinos und werden tief hineingezogen in die Machenschaften der deutschen Allmachtsfantasien jener Zeit, die nur wenig später auch Hitler Aufstieg bemächtigten. Dank des Films und der Rolle von Manuela (Liv Ullmann) müssen uns fragen, wie sehr wir auf die aktuellen Veränderungen unserer Zeit mit Positivität und Durchhalteparolen reagieren können, wie einfach wir es uns dadurch auch machen. Es ist logisch, dass der Mensch überleben will, aber zu welchem Preis? Auch diese Frage stellt der Film, indem er seine Geschichte durch den Selbstmord des Bruders des Protagonisten ins rollen bringt. Und sie ist berechtigt. Aber ab wann stellt man sich diese Frage, ab wann ist Hysterie angebracht und wann ist der Freitod die einzig logische Konsequenz aus dem dem Einknicken vor der Angst? Natürlich ist es umso schauriger, als das Berlin der 20er genügend Parallelen zum Heute aufweisen kann. Bergman kennt den Menschen, analysiert ihn in all seinem bestechendem Pessimismus, mit dem er sein Publikum zu bestechen weiß. Solange die Angst, die er uns blank vor Augen führt, auf die Leinwand gebannt ist, ist alles gut. Am Ende schenkt uns Bergman diese Illusion zurück, indem er ein “Gutes Ende” impliziert, dass auch Hitlers misslungenen Putschversuch zu beschreien weiß. Aber genau das ist es, was wir davon in Erinnerung behalten aollten, wir beschreien das gute Ende nur, doch wissend, dass es anders kommen wird. Schlechter. Wehe denen, die diese Illusion nicht länger glauben können, wehe den Sehenden.

Cemetery of Splendor (2015) von Apichatpong Weerasethakul

Cineastische Schocktherapie. Wer hier einschläft, genießt. Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt und entfaltet in seiner Simplizität und Bedachtheit seine Schönheit. Erlebenswert!

The Black Tower (1987) von John Smith

Anstrengendes, britisches Avantgarde-Kino mit neutralisierendem Ansatz. Ein auditiv-erzählerisches und dabei ansehnliches Experiment.

Faya Dayi (2021) von Jessica Beshir

In beinahe hermetischer Erzählweise und mithilfe von verschlüsselten, poetischen Bildern führt uns die Filmemacherin Jessica Beshir in die untergehende Welt eines (ihres?) Volkes hinein und nimmt uns in dessen Mitte gefangen. Was zunächst sehr dick aufgetragen und prätentiös daherkommt, widersteht dem Kitsch mit anhaltender Dauer und entwickelt seinen ganz eigenen, zauberhaft schaurigen Bann. Zu keiner Minute will der Film mit seiner Schönheit betören, er will stattdessen betrauern und beklagen. Die Schönheit dieses Films liegt gerade in der Dunkelheit, im Düsteren des Sujets. Beshir zieht uns tief hinein in einen sprichwörtlich kollektiven Rausch, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Bravo!

The Lady Without Camelias (1953) von Michelangelo Antonioni

Dieser frühere Streich vom Antonioni beginnt lapidar, schlittert mit seiner Hauptfigur aber zunehmend in die typische, antonioniesque Verflechtung aus Psyche und Umwelteinflüssen hinein, verheddert sich, wendet sich und bleibt schließlich seiner neorealistischen Ausprägung gemäß dem bitteren Ende treu. Hier sind noch viele Akzente vorhanden, denen sich Antonioni im späteren Werk entledigen wird. Die Klischees, die mitunter schnellen Schnitte und Ortswechsel. Aber mehr und mehr schimmert die große Handschrift und Geistesgegenwärtigkeit dieses begnadeten Filmemachers hindurch und bereits hier bekommen wir einen Prototyp seiner weiblichen Protagonistinnen serviert, dem wir in einem verfrühten und inhaltlich damit bestechenden Werk der heutigen metoo-Debatte seinem Schicksal entgegen trudeln sehen dürfen. Es macht viel Freude zu erkennen, wie sich der Film nach und nach als Antonioni entpuppt und seine anfänglich spürbaren konventionellen Fesseln abzulegen weiß. Antonioni künstelt sich hier aus einem Korsett im Gleichschritt mit seiner Hauptfigur, nur um sich letztlich, wie die Figur selbst auch, in der Wirklichkeit des Filmemachens wiederzufinden, aus der ein Filmemacher eben nicht entkommen kann. Dieser Film beschreit: ein bereits großes Werk wartet auf seine großartige Evolution.

Benedetta (2021) von Paul Verhoeven

Nene das schon alles gut so, nur ein bisschen zu lang.

Crash (1996) von David Cronenberg

Der Film hat das richtige Fundament dank Ballads unfassbar dunkel triefender Literatur und Cronenbergs Gespür für das Dunkle. Leider schafft es Cronenberg hierbei aber nicht, den Film aus dem Fetisch hinaus zu hieven und in ein neues Level der Deutungshoheit zu befördern. Außerdem bleibt er in der literarisch womöglich funktionablen Dramaturgie verhängen. Schade drum, aber Cronenberg hatte das Privileg, aus seinen Fehlern lernen zu dürfen.

Fire of Love (2022) von Sara Dosa

Absolut atemberaubende Bilder, die leider in einer lahmen, weil unnötigen und allzeit spürbar künstlich aufgeblasenen Erzählung gefangen sind. Es wäre so wichtig gewesen, die Bilder in einer, ihres Impetus entsprechenden Erzählung unterbreitet zu bekommen. Aber nein, alles und jeder muss für dumm verkauft werden, indem bis zum Brechen pauschalisiert wird. Dagegen ist das Sujet so einnehmend und die Bilderwelt so klar, dass es den stumpfen Sinn des Voice-Overs ohnehin entzaubert. Für die Filmemacherin und National Geographic ist das peinlich, für die Protagonisten umso ehrbarer, besteht ihr Werk doch auch gegen den Pfusch kapitalistisch versumpfter Marketingleute.

Nope (2022) von Jordan Peele

Intelligent bis schleppend bis unerwartet bis fahrig bis spektakulär.

Sunday in Peking (1956) von Chris Marker

Dem schönen Erzählen gewidmet.

Elvis (2022) von Buz Luhrmann

Ein weinendes und ein lachendes Auge, mit dem ich aus dem Film hervorgehe. Lachend, weil Movie Magic a la Hollywood in Perfektion. Weinend, weil wir einen zweieinhalbstündigen Werbespot über einen verstorbenen Musiker eher und ausgelassener zelebrieren, als andere Ausdrucksweisen des Kinos. Emotionen werden Beat auf Beat auf Beat geschnitten, Schauspielerei funktioniert nur in zwei bis fünfsekündigem Ran- oder Wegfahrten voller Expressionen. Selbst Dialoge, die eigentlichen Wavebreaker der filmischen Erzählung. sind wie kleine Werbespots im großen Werbespot. Ständig wird der Moment durch noch eine Einstellung und noch ein Effekt und noch einen musikalischen Kniff verhindert, verleugnet und verfälscht. Wir lieben dieses Effektekino und Luhrmann wird zurecht dafür gefeiert, doch es bleibt Frevel. Denn den Inhalt verstehen wir dabei nicht.

Bergman Island (2021) von Mia Hansen-Løve

She couldn’t find an ending...

Cahier Africain (2016) von Heidi Specogna

Ein scharfer und unnachgiebiger Dokumentarfilm, der seinem Sujet gerecht wird, dabei aber manchmal eine Grenze zur Fiktionalität übertritt, die der Enthaltung willen auszusparen gewesen wäre. Aber ohne Zweifel ein sehr empfehlenswerter Eintritt in  das zentralafrikanische Leben bemerkenswerter Frauen.

Blind Chance (2016) von Krzysztof Kieslowski

Wichtiger Filmemacherfilm über die Dehnbarkeit einer Rolle und die Echtheit des Stoffs in seiner narrativen wie hintergründigen Kontextualität. Sehr sehr sehr gelungen, besonders der schauspielerische Aspekt.

Corsage (2022) von Marie Kreutzer

Endlich mal wieder ein ernst genommener Freitod im Kino. Krieps in voller Pracht. Nur der Tanz am Ende und die Psychoklinik-Szenen waren mir ein bisschen zu doof, ansonsten tolle, freche, spannende Angelegenheit, die den Moralisten eins drauf gibt.

Daughters of Darkness (1971) von Harry Kümel

Frühe Schritte einer sich emanzipierenden weiblichen Sexualität im Kino. Aber dann kommen die Glasglocke am Ende und die Logiklöcher und machen jeden Anschauungswert zunichte.

Caché (2005) von Michael Haneke

Ja, wunderbar, ehrlich und typisch Haneke-konsequent, aber etwas zu wenig Fokus auf der Rolle der Mutter für meinen Geschmack. Da ging für mich doch Spannung verloren, die potentiell vorhanden gewesen wäre. Auch die Dramaturgie der Figur des Sohnes ist mir in letzter Konsequenz nicht klar genug.

A E I O U – A Quick Alphabet of Love (2022) von Nicolette Krebitz

Kann man Liebe gönnen? Man muss, solange es dem gesunden Menschenverstand entspricht. Wenn ich aber den Großteil der Letterboxd-Reviews zu AEIOU lese, ist das scheinbar nicht der Fall. An diesem Film ist nicht viel mehr problematisch, als an den pornographieverseuchten Hirnen der hysteriegequälten, woken Zuschauer und deren Unvermögen Romantik A) auszuhalten, E) zu erkennen, I) zu interpretieren, O) zu observieren und U) umzusetzen. Beschämt euch doch in euren eigenen Ödipuskomplex hinein, wenn ihr die Mannigfaltigkeit der Liebe und der Sexualität nicht bereit seid zu akzeptieren. Oder geht mit eurer Mutter in diesen Film. Da wäre vielleicht mal etwas sinnstiftendes zu entdecken. Können wir Tabus noch wagen? Aber seriously, in der Punchline erlaubt sich der Film einen bösen, kitschtriefenden Fehlgriff. Schade um die guten Anlagen zuvor!

The Holy Mountain (1973) von Alejandro Jodorowsky

What would Jesus do ? Well... eat himself, get to wash his asshole and smoke his own shit in a huge bong - simple as that.

Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles (1975) von Chantal Akerman

Atemberaubend, spannend bis zum Schluss, aufwühlend und mitreißend und so wichtig für das Kino und unsere Aufklärung! Besser geht es kaum. Merci Chantal!

The Cremator (1969) von Juraj Herz

So fantastisch weird und gleichzeitig so bitterböse. Ein expressionistisches Meisterwerk.

The Traitor (2018) von Marco Bellocchio

Ich kann nicht verstehen, wer das bei den TV-Anstalten so durchgewunken hat. Ein weiteres Anti-Ruhmesblatt. Bei weitem keine Vollkatastrophe, aber gefühlt so unsauber und unfertig, als wäre der Film noch in einem embryonalen Zustand. Sehen wir hier überhaupt mehr als einen Rohschnitt? Da gibt es unzählige verbockte Takes im Spiel, verrückte Schnitte und Musikwechsel ohne Sinn und dramaturgische Megaschnitzer. An allen Ecken und Enden (z.B. auch Maske, Ausstattung) scheint es hier gehapert zu haben. Miese Nummer!

Hotel Monterey (1973) von Chantal Akerman

Anders als bei ihren fiktiven Kurzfilmen, arbeitet Akerman bei diesem eisernen Werk borniert, ja beinahe museal. Sie agiert fast teilnahmslos mit Kamera und Montage, zieht sich zurück, wählt normalsichtige, gar neutralisierende Perspektiven, fast so als wäre sie von dem Ort an sich gelangweilt. Und natürlich sind Hotels künstliche Orte der Entfremdung und der Langeweile. Aber gleichzeitig gibt sich Akerman dem sinnlos erscheinenden Vergnügen hin, die Hotelgästen, ebenso distanziert aufgenommen, auf eine gewisse Intimität hin zu untersuchen. Sie ringt dem Hotel somit etwas geisterhaft Menschliches ab und lässt die Hotelgäste dabei im Schatten, in Spalten oder in der Unschärfe verschwinden. Ehe Akerman deren Intimität entdeckt, werden wir auf ihre eigene, sich hinter der Kamera versteckende Intimität zurückgeworfen und warten, davon wieder befreit zu werden. Hier geht es um den Moment der Beobachtung durch die Beobachtenden. Eine Fehleinschätzung ist hierbei meines Erachtens allerdings der Verzicht auf den Ton, der als ein mächtiges Instrument zum Aufspüren menschlicher Intimität in einem intimfreien Raum hätte dienen können.

Stroszek (1977) von Werner Herzog

Von Herzog bekommt man wie gewohnt einen wagemutigen Film, der nach grandiosem Beginn (hier zeichnet sich bereits die Härte vom späteren Bad Lieutenant ab) allerdings relativ ratlos auf sein jähes Ende zu stolpert und wie immer, aber dieses mal eher zum Nachteil, einen rasend improvisatorischen Duktus verfolgt. Die Freizügigkeit, mit der Herzog hier seinem Ensemble begegnet ist so verwunderlich, wie erstaunlich und schon für sich eine Sehenswürdigkeit.

Menthe: The Benefactor (1979) von Lars von Trier

The young sexist/provocateur.

Nocturne (1980) von Lars von Trier

Heraus aus dem Tarkovsky-Seminar und hinein in eine lange, schillernde Schaffensperiode. How it should be.

The Worst Person in the World (2021) von Joachim Trier

Scharfsinnig, progressiv und herzerwärmend. Chapeau!

It's Only the End of the World (2016) von Xavier Dolan

Böse kitschig, böse emotionalisiert, stark gespielt, aber in seiner Struktur leider ziemlich irreführend und zermürbend, was natürlich der Intention Dolans entsprechen dürfte, aber durchaus als Enttäuschung oder gar Irritation wahrgenommen werden kann. Ein Film zwischen gut un böse, mit einer gefühlt verpassten Chance des klaren Bekenntnis für oder gegen den Individualismus.

Léthé (2016) von Dea Kulumbegashvili

What a pure sensation of memory.

Proll (2021) von Adrian Figueroa

Stabil erzähltes, Ehrlichkeit intendiertes und stilsicher umgesetztes Filmwerk mit wichtiger Hinweis-Prämisse, leider ohne letzte Konsequenz, dafür aber mit ernst gemeintem Sozialrealsimus. Allemal sehenswert!

Titane (2021) von Julia Ducournau

Der rechte Film zur rechten Zeit. Ein Bombardement fantastischer Einfälle und glücklicher Kombinationen, im Cast, in der Erzählung und in der metaphysischen Schwängerung des düsteren Stoffs. Ein In-Die-Fresse-Punch des feministischen Kinos, ohne kleinlich und borniert zu sein, ohne Wehklagen und Opferrollen, aber mit all der zynischen Macht des Aufbegehrens und der Emanzipation. Und nebenbei meisterhaft in der gewählten Freiform des Erzählens, ohne die eine stringente Hauptfigur und mit dem tiefgehenden Verständnis für Liebe und die Leere dahinter. Eine Wucht, die man sehen muss.

The Stucture of Crystal (1969) von Krysztof Zanussi

Schöner, kleiner und lebendiger Film mit einem aufrichtig gewählten Sujet, das bis zum Schluss ergründet wird und in seiner Urteilbarkeit weit offen bleibt. Das Schauspiel sei an dieser Stelle nochmals besonders hervorgehoben, ist es doch authentischer Träger der erstaunlichen Leichtfüssigkeit, mit der sich der Film seiner Themen annimmt.

The Trial of Joan of Arc (1962) von Robert Bresson

Meisterhaft trocken, ohne einen einzigen Kompromiss. Bresson der Teufelskerl.

Ashes (2012) von Apichatpong Weerasethakul

Nur gesehen aufgrund von Big-Name-Reputation... Naja. Immer noch anregend und traumhaft, wie vom Autor gewohnt.

Uncle Boonmee Who Can Recall his Past Lives (2010) von Apichatpong Weerasethakul

Traumhafte Erkenntnispfadwanderung zurück zur Quelle des menschlichen Ursprungs.

Everything Everywhere All at Once (2010) von Daniel Scheinert, Daniel Kwan

Erfrischende Ideen für das Mainstream-Kino. Und zwar alle auf einmal? Ja. Aber Struktur ist Ideologie und hier schlägt zumindest das Herz am rechten Fleck, im Sinne der Achtsamkeitsdebatte. Alles cool, alles richtig, aber auch nicht mehr.

Ulysse (1983) von Agnès Varda

Wie immer virtuos, die gute Agnès.

Magnolia (1999) von Paul Thomas Anderson

Amerikanischer Highball of Kitsch.

Memoria (2021) von Apichatpong Weerasethakul

Der Film streunt wahrlich durch sein Sujet, gibt uns Zeit zu atmen und Zeit Empathie für seine unzugänglichen Figuren zu entwickeln. Aber er bleibt bei seinem metaphysischen Vorhaben doch zu schwammig, nutzt einige der eigenen Anlagen nicht aus und scheint oft der Form mehr Interesse zuzugestehen, als seinem Inhalt. Das ist nicht weiter schlimm, aber mir meinem Belieben nach zu offen gestaltet und zu wenig ertragreich, vor allem dank dem überraschenden Ende, das zwar den Menschen, wie er derzeit als gesellschaftliches Wesen existiert, in charmanter Weise auf den Arm nimmt, aber gleichzeitig auch aus den Augen verliert. Das habe ich als Verständnis weder wünschen, noch teilen können. Beinahe habe ich das Gefühl, dass der Deus Ex Machina hier eher einen Glaubensverlust oder einen Verdruss gegenüber der eigenen Spezies darstellt.

Shadows (1958) von John Cassavetes

Ponierarbeit.

Sweet Movie (1975) von Dusan Makavejev

Liberation-Banger.

To Kill a Child (1953) von Gösta Werner

Zu präzise, direkt vom Verkehrsamt und doch so wahr.

Georg K. Glaser - Schriftsteller und Schmied (1988) von Harun Farocki

Was Fernsehen einmal möglich machte...

Limite (1931) von Mário Peixoto

Ziemlich zerfahrene, filmische Angelegenheit mit wenig inhaltlicher Dichte und viel Reanimation visueller Inhalte, die aber ohne Mehrwert nicht zum Schaugenuss oder zu einem tieferen Verständnis des Sujets beitragen. Ein Leidensweg vor und auf der Leinwand und trotzdem ein spektakulärer Fund, sowie eine Blaupause für metaphysisches Erzählen im nihilistischen Jargon.

Der Waldmacher (2021) von Volker Schlöndorff

Eher brav und lahm, als aufklärend und bewegend. So ein bisschen wie ein Film von einem alten Mann.

Red Rocket (2021) von Sean Baker

Überrascht mit dem schier endlos erscheinenden und grenzüberschreitenden Wagemut seiner unbekümmerten Inszenierung. Wieder einmal gelingt es Baker in Milieus vorzustoßen, die einzig und allein ihm vorbehalten zu sein scheinen. Einem jedem sexuellen Wesen werden hier Mitschuld, Verlogenheit und Eigennutz vorgehalten, die als Abgründe der Egomanie tief ins eigene Fleisch schneiden. Es ist erstaunlich, wie wir so sehr gefesselt sein können, während wir einem absolut fehler- und rüpelhaften Menschen bei seinem eigenen Niedergang zusehen. Dies rührt wohl aus der klammheimlichen Art der Genugtuung, die wir dabei empfinden, während wir uns selbst gut genug sind.

Die Sonneninsel (2017) von Thomas Elsässer

In der Narrativen so klassisch durchgeführt, wie ein Schachspiel. In der Gestaltung zweckgesteuert. Inhaltlich ein Porträt einer Familie, ohne intimere Einsichten. Die Distanz eines Intellektuellen bleibt deutlich. Am Ende dient der Film als versuchtes Auflebenlassen einer in der Bedeutunglosigkeit zu verschwinden drohenden Familiengeschichte und kommt damit nüchtern sympathisch weg, trotz seiner bourgeoiser Erzählhaltung und seiner bedeutungsschwangeren Attitüde. Autofiktionaler Film as deutsch as it gets.

Wreckmeister Harmonies (2000) von Béla Tarr

Über allen Zweifel erhaben zieht uns Bela Tarr ganz tief hinein in das unheilvolle Spiel von Macht und Ohnmacht, von Individuum, Gesellschaft und Momentum. Bleibt die Masse gesichtlos und stumm, so spricht das zaudernde, gequälte Gesicht des jungen Rudolph ganze Bände. Nur hinlegen, ausruhen möchte er sich doch, er der ehrliche, pflichtbewusste Arbeiter, aber die Chance bietet ihm sich nicht. Stattdessen verschraubt er sich in ein dichtes Geflecht aus Eventualitäten, die sich seiner ermächtigen. Leute, ruheloser und scharfsinniger als er, machen von seinem gewissenhaften Naturell Gebrauch, nutzen ihn aus und lassen ihn fallen, bis er am Ende ganz sich selbst überlassen ist. Hohl und zum Symbolträger verkommen, so wie der Wal, dessen Auftritt das leidige Schicksal einläutet. Bela Tarr bittet zum Tanz der Ängste und Befürchtungen und spielt dazu die mahnenden Klänge der Allegorien. In Zeiten der europäischen Aufrüstung und Nationalisierung ein zutiefst beunruhigender Film.

Kaos (1984) von Paolo Taviani, Vittorio Taviani

Die Taviani-Brüder kümmern sich hier um die Seele einer Region, vielleicht um die Seele eines ganzen Landes. KAOS ist Suche und Ankunft zugleich, KAOS ist Wurzeltrieb und Himmelsleiter und ein erstaunliches Machwerk voller Überraschungen. Sicherlich kein stringent erzähltes Werk, aber umso mehr eines für Entdecker und Wachgebliebene, für Tagträumer, für die, die gerne mal die ganze Klaviatur hören. Die kleinen Parabeln, die uns Halt geben sollen, täuschen nicht darüber hinweg, dass es hier immerzu um ein unschuldiges Italien geht, Italien und Italien und Italien, bis die Olive der sich selbst auspresst, bis die letzten Unschuld verloren ist. Ein Italien der unmöglichen Liebe. Und wie anmutig dieses Land seine Unschuld verliert, wie wehmütig es den unbefleckten Kindheitstagen nachtrauern  kann... Nicht alles sitzt hier perfekt, aber meine Güte, was will man mehr?

A to A (2011) von Johann Lurf

Ja, was sagen uns diese Kreise? Ich kreise um diesen kreisenden Gedanken. Kreisverkehre sind Nicht-Orte, Kreisverkehre sind kommerzialisierte Ausstellungsorte an denen sich Kunst, Propaganda und Werbung vermischt. Johann Lurf weiß uns hier durch die Assemblage geschickt darauf hinzuweisen und hat ein schönes Gefühl für ein künstlerisch forschendes Entzifferungsvorhaben.

Rainbow: A Private Affair (2017) von Paolo Taviani, Vittorio Taviani

Hier stimmt leider fast nichts. Zu pathetisch, zu hohl, zu unsortiert, zu schade. Der Goldene Bär war hier dann für das Lebenswerk nehme ich an... 

C'mon C'mon (2021) von Mike Mills

Auf jeden Fall die emotionale Goldschürferei, die die Welt benötigt. Hier geht’s um das, was alle suchen. Das Kind. Bravourös geglücktes Familienstück mit ganz viel Verständnis und Kommunikationssuche und ohne die konservative Werteschleuder (wie z.B. bei Campion, die just u.A. dafür einen Oscar einheimste, was mir - vermutlich nicht zu überhören - nicht ideal erschien).

Rocker (1972) von Klaus Lemke

Trotz der spürbaren Milieutreue, die dank dem Mix aus Dokumentarischem, Laien und Lemkes Direktheit, bzw. Integrität hochgehalten wird, ist „Rocker“ doch erzählerisch zu Teilen langwierig und diffus. Und trotzdem ein spannendes Stück deutscher Filmgeschichte und ein strammer Strahl norddeutscher Eigenwilligkeit.

Night of the Shooting Stars (1982) von Paolo Taviani, Vittorio Taviani

Starker Antikriegsfilm mit einer bezaubernden Note, jetzt genau richtig.

The Blood of a Poet (1932) von Jean Cocteau

Man muss auch nicht jeden surrealistischen alten Film feiern. Lektion: eine Salve an Ideen macht noch lange keinen interessanten Film.

The Piano (1993) von Jane Campion

In vielen Belangen finde ich den Film viel zu pathetisch, zu konservativ und scheinheilig ummantelt von einer scheinbar sensitiven Inszenierung. Auch wenn die Bilder schön sind, ist das hier inhaltlich ganz dünnes Eis mit einigen unreifen Wendungen und konservativen Mustern hinter prätentiösen freiheitlichen Momenten. Egal wer es inszeniert hat. Fragwürdig ist das umso mehr, wenn man bedenkt, dass darauf eine große Karriere basiert.

Le Havre (2011) von Aki Kaurismäki

Einer der sanftmütigsten und damit stärksten Kaurismäkis. Man spürt, dass ihm dieser Film sehr am Herzen lag und das ehrt ihn. Einzig das Ende kommt mir ein wenig zu unverfrorenen daher, aber passt ja auch zum Stil, ob man will oder nicht.

The Batman (2022) von Matt Reeves

Verspielt im richtigen, comicesquen Stil, gute Ideen und frische Inszenierung und eine echte, in Hollywood 400mal bewährte Crimestory, die sich - oh Wunder - bewährt. Einiges hätte man sich sparen können (zum Beispiel den Jokerauftritt am Ende) oder eben das Ende, das sowieso auseinander fällt. Einige Elemente hätte ich aber durchaus auch noch gerne vertiefen wollen, z.B. die Catwoman-Storyline, nicht zuletzt wegen der großartigen Zoe Kravitz, oder den von Serkis gespielten Alfred. Aber: kommt Zeit, kommt Rat. Ein fulminanter Auftakt und allemal ein Warnschuss in Richtung Autorenfilmer, die autobiografische, nach innen gerichtete Seite des Erzählens endlich wieder ernsthafter und vielfältiger zu betreiben. Die Zeiten sind reif. Ich meine, wenn Batman das schon macht...

Parallel Mothers (2021) von Pedro Almodóvar

Der Film ist in aller inhaltlicher und schauspielerischer Schönheit angelegt aber schöpft diese Anlagen nicht aus. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Almodovar nicht auf der Höhe seiner Kräfte war. Ich verstehe den Einsatz des zweiten (bzw. ersten Sujets) im Film nicht, auch die Betrachtungsweise. Generell kommt der Film leider eher billig und roh daher und trotzdem mag ich ihn. Nicht zuletzt wegen Almodovar und Cruz.

Malmkrog (2020) von Cristi Puiu

Puh, Puiu. Ganz schön anstrengend als nicht französischer Muttersprachler. Man muss extrem viel lesen, so viel sei gesagt. Der Regisseur weiß hier etwas in seiner Essenz zu verhandeln. Ob es die eigene Religiosität oder deren Reduktion auf ein Prinzip ist, bleibt bis zum Schluss die offene Fragestellung und entlässt den Film so doch nur mit seinem Ende in eine echte Spannung. Bis dahin durchaus ansehnlich ist aber der Rahmen der Verhandlungen und die Gesichter der abgebildeten bel étage, die sich so hoffnungslos und ignorant in ihr Intellektgehabe verstricken. Durchaus so noch nicht dagewesene, mir aber mitunter zu textlastige Stanmzellentransplantation von europäischen Gedankengut, seiner Arroganz und seinen Lastern. Am Ende mag man niemanden in der Runde des Ensembles.

Dog (2001) von Andrea Arnold

Gosse.

Three Songs for Benazir (2021) von Elisabeth Mirzaie, Gulistan Mirzaei

Bis auf die Menschen und die Landschaft ist in diesem Land einfach alles im Arsch. Was für eine Kacke.

Familiy Romance LLC (2019) von Werner Herzog

Ein Film, der so dahindümpelt ohne einmal wirklich konkret zu werden. Die Mischform und der gewünschte Graubereich zwischen Spiel- und Dokumentarfilm fliegen Herzog hier unausweichlich um die Ohren und lassen das Sujet verblassen. Die mögliche dokumentarische Entdeckung und der spürbare Zwang einer vorab erdachten Dramaturgie spiele sich gegeneinander aus. Zurück bleibt ein blasses Werk voller technischer Schludrigkeit und Faulheit. Irgendwie echt ernüchternd, als aufrichtiger Herzogfan. Da habe ich mehr erwartet.

In the Name of Christ (1993) von Roger Gnoan M'Bala

Verstörender Film mit einer höchst eigenwilligen Erzählweise und Inszenierung. Er wirkte auf mich so fremd und gefährlich, wie sein Protagonist und das von ihm ausgehende Geschehen und zeichnet ein brutales Bild von Religiosität und der Ohnmacht des Säkularen gegenüber den Sphären der Gläubigen. Dieser Stoff wird hier wirklich ungesehen und psychologisch tiefwirkend aufbereitet. Stark!

Tigerstreifenbaby wartet auf Tarzan (1998) von Rudolf Thome

Ein wirklich mutiger Film. In Teilen zu viel Improvisation und zu wenig Stilsicherheit, aber von der Idee her absolut empfehlenswert.

Institute Benjamenta, or This Dream People Call Human Life (1995) von Stephen Quay, Timothy Quay

Pflichtprogramm für alle Cinematographen. Wohl einer der am schönsten gefilmten Filme überhaupt und insgesamt ein traumhaftes Machwerk voller Wunderlichkeiten und Entdeckungen und nicht zuletzt wahnsinnig gutem Schauspiel.

Félicité (2017) von Alain Gomis

Alain Gomis lässt hier Herzen höher schlagen. Er vermag es, die ungewöhnliche Liebesgeschichte einer schweigsamen Frau mit ihrem Schicksal der traumatisierten Mutter zu verweben und wird dabei zu keiner Zeit oberflächlich. Die wenigen Plattitüden, die in einem metaphorischen, von-trierschen Erzählstrang zwar zu finden sind, sind doch so  ausgespart, dass man über sie hinwegsehen kann. Und schön ist es allemal, wie zärtlich die Geschichte  in einer so rohen Welt von Kinshasa inszeniert wird. Befeuert von den klassischen Arien, jubeln wir der unerschütterlichen, kongolesischen Folklore-Sängerin entgegen, die von dem europäischen Hochjauchzen geehrt wird, als das was sie ist. Ein sehr wertvoller Moment der neueren Filmgeschichte im postkolonialen Diskurs.

Licorice Pizza (2021) von Paul Thomas Anderson

Ich schwanke zwischen: Fokus auf die wesentlichen Dinge im Leben und konformistischem Wohlfühlkino. Den Hype derzeit kann ich hier nicht ganz verstehen. PTA ist natürlich ein Jongleur der großen Gefühle und kleinen Absonderlichkeiten, wie er z.B. in Punch Drunk Love perfekt beweist. Aber hier bleibt es doch etwas fad. Sicher ist es gut, dass es solche Filme gibt, die unaufgeregt und unpathetisch die Kleinigkeiten in den Vordergrund stellen. Das ist ja auch ein sinnlicher Anspruch an das Kino. Und sicher ist der amerikanische Traum auch irgendwo noch immer eine relevante Narrative, aber so richtig losgelacht oder zum weinen gebracht hat mich dieser Film auch dank und nicht trotz dieser Simplizität nicht. Er bleibt einfach etwas fahrig im Rhythmus und im Ansatz seiner Linearität. Ich spürte nie genau, wo der Regisseur hier eigentlich hin will und so bleibt der Eindruck einer gewissen Spielfreude zwar, aber auch einer Lustlosigkeit am großen Ganzen. Und das ist es doch, was uns im Kino so richtig in die Sessel drückt.

Die Bitteren Tränen der Petra von Kant (1972) von Rainer Werner Fassbinder

Schicht für Schicht schürft Fassbinder die Essenz des Liebens heraus und lässt einen in nur einem Raum eine ganze Welt erfahren und verlieren. Die Bitteren Tränen der Petra von Kant bleibt ein dogmatischer Film, ein angestrengtes Zusehen und ein glorreiches Ertragen. Wir lernen. Fassbinder ist ein Künstler des Dialogs und sowieso einer der wahren Helden des Kinos.

Zwischen Zwei Kriegen (1978) von Harun Farocki

„Ich bin mit meinen Träumen nicht weitergekommen.“ Das glaube ich auch. Farouki hat sich hier verkopft. Die marxistische Ideologie ist wie die Butter auf dem Brot, aber so dick aufgetragen wie ein Block auf einer Scheibe Toast. Die verwebten Zusammenhänge sind wie immer genial, aber in diesem Fall einfach zu plump hingebastelt. Klar ist: der nächste Clou kommt bestimmt.

Padre Padrone (1977) von Paolo Taviani, Vittorio Taviani

Die Gebrüder Taviani langen voll zu. Sie nähern sich mit ihrem eigensinnigen Blick den eigenartigen Auswüchsen ihrer eigenbrötlerischen Figuren. Sie nutzen die Träume der Jungen und die Ernüchterungen der Alten, um die perversen Spannungen der Macht zu durchleuchten. Freibeuterisch wildern sie durch das Gefälle des Patriarchats und das darin verstrickte Vater-Sohn-Verhältnis und bergen den Schatz der tiefen Verbundenheit - trotz alles Grässlichen. Das Leben bleibt dabei ein Fest, auch wenn eines der Abscheulichkeiten. Mindestens das unterscheidet sie von der Prüderie eines Haneke, mit dem sie sich einige Sujets teilen.

What I Remember (2017) von Antoinette Zwirchmayr

Der seltsam brüchige Eindruck von Erinnerungen. Stets mehr Fabulation als Authentizität, aber wen kümmert das? Die Fragmente sind sinnvoll verknüpft, die inhaltlichen Leerstellen angenehm tragbar. Nur das Schwarzgeblende und die damit verbundenen zeitlichen Strapazen erschließen sich mir nicht. Aber trotzdem genüsslich.

Nicht löschbares Feuer (1969) von Harun Farocki

Ich habe jetzt die Farocki-Box und mein Leben ist besser.

The Idea (1932) von Berthold Bartosch

How the idea of an idea kills the idea.

Rossini (1997) von Helmut Dietl

Was für ein erzählerisches Elend. Das ist weder reflexiv noch witzig, noch interessant, das ist einfach doof und verachtenswert.

Blood of the Beasts (1949) von Georges Franju

Wie könnte man davor nicht erstarren? Ein horrorgleicher Blick auf unsere Entfremdung. Dokumentarfilm-Masterclass des Essentiellen.

Pleasure (2021) von Ninja Thyberg

Für mich eher schwierig hier Stellung zu beziehen. Natürlich ist das Thema der Pornoindustrie verdientermaßen aus einem weiblichen Blickwinkel zu betrachten. Natürlich kann man dies auch mit allem Gewalt- und Traumapotential in eine gewalttätige Form zerren, aber dann sollte man halt auch durchhalten und nicht so prätentiöse Moment abfeuern, in denen auf Teufel komm raus eine junge, vollkommen irritierte Frau zu irgendwelchen choralen Frauenstimmen auf das Meer hinaus starrt. Das ist doch überhaupt nicht angebracht oder notwendig! Du willst harten feministischen Core? So, do it. Aber so verschiebt sich nur der Fokus und meine Wahrnehmung hüpft ein bisschen im Dreieck, weil sie kurz denkt „ah wie schön“ nur um dann gleich zu bemerken: „...halt mal, hier geht es doch eigentlich um ne desillusionierte Frau, die jetzt gleich wieder voll Sperma in die Fresse kriegt.“ Ich meine vielleicht ist es so nicht ganz nachvollziehbar, aber dieser Film hätte ohne reingepresstes Regiegehabe mehr Durchschlagskraft gehabt. Ich meine die Anlagen sind da und die Vorgehensweise (mockumentarisches Drehszenario mit Schauspielerin auf der Porn-Messe!) bleibt kredibil. Nur die Formbrüche stören leider.

Fabian oder der Gang vor die Hunde (2021) von Dominik Graf

Ich finde, dass das visuelle Konzept und die Geschichte, so wunderschön und frei sie in der ersten Stunde des Films aufspielen, mit zunehmender Dauer sehr erschöpfend angelegt wurden. Auch hier erkenne ich den Versuch absolut an, halte durch solange es geht und gehe dann aber etwas genervt aus dem Film, weil dieser sich aber auch selbst nicht durchhält. Es bleibt am Ende aber erfrischend, wie mutig sich Graf und Co. an der wundervollen Zersplitterung und Leichtigkeit abarbeiten, die sie ausgerufen haben und auch wie unaufgeregt er uns aus seiner Narrative entlässt. Sicher eine der gelungensten Literaturverfilmungen im deutschen Film, aber im letzten Drittel mit ein paar Lähmungserscheinungen.

Rocco and his Brothers (1960) von Luchino Visconti

Einfach immer ein Stück zu theatral.

Junior (2011) von Julia Doucournau

Eher Hochglanztrash als Filmkunst. Trotzdem bewahrt sich Doucournau ein scharfes Auge für die unheilvollen Zwischenräume.

Le Tempestaire (1947) von Jean Epstein

Ende gut alles gut. Damals so falsch wie heute und trotzdem ein traumhaft schöner Film.

Sorry We Missed You (2019) von Ken Loach

Eine tragische Geschichte über den Zwang der Arbeit, typisch englisch in trockener Manier wegdramatisiert. Auch hier bleibt die Familie Schutzraum allen Leids. Und das ist vielleicht derzeit die tragischste aller Geschichten, die man über Konsumenschen und Arbeitstiere erzählen kann.

Daguerréotypes (1975) von Agnès Varda

Beginnt belanglos, endet überraschend tiefgreifend und lässt einen mit dem wundersamen Wunsch zurück, aus dem Gefängnis des eigenen Lebens auszubrechen. That hurts.

Maelstrom (2000) von Denis Villeneuve

Der Film hat am Ende ein ernsthaftes Dramaturgieproblem und stiehlt sich ohne Idee davon. Über diese Ernüchterung kann auch die gute Arbeit im Szenenbild und in der Kamera nicht hinwegweisen.

Colophon (2015) von Alexandre Koberidze

Etwas zu schläfrig für meinen Geschmack, aber im Ansatz sehr rein und präsent und sehr schöne Bilder.

Linger on Some Pale Blue Dot (2019) von Alexandre Koberidze

Unaufgeregte visuelle Observation und trällerndes Frohlocken in der musikalischen Untermalung. Genau mein Ding.

Don't Look Up (2021) von Adam McKay

Als Fatalist kann man so einen Film nur lieben. Aber das wäre zu einfach. Ideologiekritisch bleiben!

Drive My Car (2021) von Ryusuke Hamaguchi

Ein Gedicht von einem Film, der sowohl die Zustände von Liebe als auch die Verbindung zwischen Regie und Schauspiel und dem Leben und der Kunst ergründen will. Das gelingt. Exzellent wird hier mit den erzählerischen Mitteln des Kinos ein literarischer Stoff bewahrt (besser gesagt zwei oder gar mehr literarische Stoffe) und zugänglicher gemacht. Der ganze Film ist bis auf wenige Ausnahmen und gewissen unbrauchbare Längen ein authentisches Nachspüren von Liebe und Leid.

The Confession (1970) von Costa-Gavras

Ein wahnsinnig präziser und gut gemachter Politthriller, der sich dem politischen Begriff auch würdig erweist. Beinahe Atemlos erzählt und in seinem Irrsinn so intrigant wie die politische Farce des Tribunals selbst.

The Virgin Suicides (1999) von Sofia Coppola

Schöner, amerikanischer Kitsch aber keine gelungene Hommage an Picknick at Hanging Rock. Dafür zerfällt die Erzählung durch den unglücklichen Perspektivwechsel zu schnell.

Bo Burnham: Inside (2021) von Bo Burnham

Ein Meisterwerk. Eine groß angelegte und großartige Selbstergründung, schonungslos und hilflos dem ausgeliefert, was da eben ist. Die einzige Antwort: purer Ideenexodus. Bo Burnham ist ein Genie und ein waschechter Erzähler. Was dieser Mensch diesen allen Menschen, die sein Werk sehen mögen, geleistet hat, ist im höchsten Sinne des Wortes ehrenhaft. Ein Monumentalfilm der Jetztzeit. Ein wirklich lautes Durchatmen des Films AUF Netflix. Wenn man das durch Schreiberei erkenntlich machen könnte, man möge mich Haare raufend hier auf den Knien vor der Couch jubeln sehen. So gut war das! Man muss es sehen! Ganz nebenbei der wohl beste Musikfilm aller Zeiten. Wahnsinn!

Casablanca (1942) von Michael Curtiz

That's one hell of a (colonialistic) love story!

House of Gucci (2021) von Ridley Scott

Durchaus gelungener, stark performter Streifen eines Altmeisters mit Altlasten. Man wünscht sich ein dichteres Konzentrat von der zu Beginn des Films fantastisch etablierten Beziehung zwischen Gaga (muss man das jetzt echt immer so schreiben?) und Driver und mehr Schwung in der Dramaturgie. Dafür darf man sich genüsslich nie endendem Charme und Spielwitz hingeben. Fairer Deal. Eine gelungene und neuwertige Hollywoodproduktion, die wirklich geniales Schauspiel und schönes, weil unaufgeregtes Erzählen anzubieten hat.

The Man Who Knew To Much (1934) von Alfred Hitchcock

Auch Hitchcock war mal whack...

The Tragedy of Macbeth (2021) von Joel Coen

Aufwendig und langatmig inszenierter Kitsch mit großartigem Schauspiel und Linientreue gegenüber dem Original. Aber zu kunstversessen und dadurch verklausuliert.

The Hand of God (2021) von Paolo Sorrentino

Mister Fantastic-Sorrentino, dieses mal mit etwas weniger transzendentaler Raffinesse und mehr autobiographischer Nostalgie. Ein kleinerer Film mit viel Herzblut und Lebendigkeit zum Dahinschmachten und Mitleiden. Ein gelungener Rückblick und eine schlagfertige Grußkarte aus Italiens wildem Süden, in dem Erinnerungen noch geträumt werden. Napoli, vengo!

Lights in the Dusk (2006) von Aki Kaurismäki

Kaurismäki mit Genreeinschlag. Stets gelungen, wie gewohnt.

Beauty and the Dogs (2017) von Kaouther Ben Hania

Wichtiger Film, auch zum Thema der arabischen Revolutionen, an die wir uns sicher alle noch wehmütig erinnern können. Allerdings wird der Inhalt zu laut vorgetragen und zu zweifelhaft aufgespielt. Die Protagonistin lässt den Film ab und an einfach einbrechen und aufgrund ihrer wenig glaubwürdigen Performance in unnötige Turbulenzen geraten. Trotzdem spannend und berührend, letzteres aber eben leider nicht ohne „Wehwehchen“. Das mag eventuell auch am kulturellen Unterschied in der filmästhetischen Gewohnheit liegen...

The Cook, the Thief, his Wife & her Lover (1989) von Peter Greenaway

Endless cinematic power!

Eraserhead (1977) von David Lynch

Auch wenn ich Buñuel und Dalí schärfer finde, so ist Lynchs Eraserhead sicherlich eine experimentelle Naturgewalt der puren, zelluloidgewordenen Unannehmlichkeit und führt das Kino und das Publikum gekonnt ad absurdum. Schon zu Beginn seiner Karriere versprühen Lynchs Fantasien einen anrüchigen Geruch von grausamem Narzissmus und krankhafter Sinnentleertheit. Für mich fortlaufend ein wahnsinnig gekonntes Spiel mit dem Feuer, das glücklicherweise erst mit Inland Empire erlischt. Man wird Lynch, sollte das Kino eine Zukunft haben, noch oft beschwören müssen, um den neuen Stoffen und Erzählweisen der Zukunft auf die Schliche zu kommen...

Scenes with Beans (1979) von Ottó Foky

Simpel und genial.

Amour (2012) von Michael Haneke

Einfach eiskalt schneidendes und erwärmendes Gefühlskino. Zack rein da und bluten will das Herz.

The Power of the Dog (2021) von Jane Campion

Der Film etabliert zunächst eine schmale Gratwanderung zwischen prätentiös dümmlich und transzendierend intelligent im Stil der Inszenierung. Dies führt grundsätzlich erstmal zu einer rhythmisch ungewohnten, aber spannenden Abhandlung seltsam aufgelöster Szenen, denen man nicht so ganz über den Weg trauen will und die natürlich alle tolles Schauspiel aufzubieten haben, auch wenn es meinem Geschmack nach gerne ab und zu etwas dezenter hätte sein dürfen (man ist dann doch irgendwann von den starren Rollenbildern gesättigt, aber ok). Soweit so gut. Leider misslingt dem Film dann auf der Ebene der Dramaturgie sowohl die sinnvolle Umsetzung der beschriebenen Veranlagung, als auch der in sich geschlossene Spannungsaufbau, da die beschriebene Linie zunehmend nicht verfolgt wird und somit in den Kitsch abdriftet. Das Ende kippt dann vollkommen weg und so bleiben meine gesteigerten Erwartungen ausnahmslos unberührt zurück. Kein hollywoodesques, enttäuschendes Happy End natürlich, sondern ein Ende mit konservativem Überhorror-Idealismus, der direkt aus der Bibel rezitiert werden muss. Ein so abgrundtief schwachsinniger Überschmarrn, dass mir der ganze Film mit seinem Männlichkeits- und Homoerotiksujet eigentlich wie eine billige Attrappe für reaktionäres Schaumschlägerkino vorkommt. Schade um die durchaus guten, vor allem formalen Anlagen und Ideen zu Beginn und um die betrügerisch schöne Kulisse Neuseelands, die scheinbar vorrangig die Familien-Ideologie-Disney-IdiotInnen anlockt. Sollen sie sich doch alle ein paar Stücke klimawandelsolides Scheißland kaufen und sich ihre Ammenmärchen am Lagerfeuer erzählen. Das Kino braucht neue Geschichten, die dem 21. Jahrhundert gerecht werden, keinen reaktionären Müll.

Correspondence (2020) von Dominga Sotomayor, Carla Simón

Privilegiert vs. Unprivilegiert

Witness (1985) von Peter Weir

Grundsolider Thriller, dem man produktionstechnisch eine gewisse Hetzerei, vor allem in der typischen, der 90er-Manier entsprechenden, visuellen Schlampigkeit absprechen muss. Ich frage mich, was man Weir hier an Chancen genommen hat, vor allem nachdem er zuvor mit Picknick at Hanging Rock so glorreich und frei aufspielte.

Terrorizers (1986) von Edward Yang

Formal ein Meisterwerk der Smoothness, leider mit etwas zu wenig inhaltlicher Konsequenz und Bibeltreue gegenüber seiner eigenen Erzählweise im Abgang. Aber allemal ein sehenswerter Film des existenzialistischen Kinos.

The Inheritance (1980) von Márta Mészáros

Der Film beginnt mit einer faszinierenden Prämisse, zieht einen in das erzeugte Dilemma einer verhängnisvollen Ménage-à-trois und kann diese Spannung über gewisse Teile halten, wie verhandeln, auch wenn er dabei stets vorhersehbar bleibt, was auch die harten und konfus geschnittenen Übergänge zwischen den Szenen nicht verbergen können. Schade ist am die Auflösung der eigenen Sache im Angesicht der konstruierten Historizität des Films, die über die zwischenmenschlichen Fragestellungen hinwegwalzt und sie am Ende fast vergessen macht. Ich hätte mir hier mehr Neugierde für die menschliche Natur in freudscher Unternehmungslust gewünscht, zumal Isabelle Huppert und Jan Nowicki extrem gut aufspielen und es ihnen durchaus zuzutrauen wäre, einige Meter weiterzugehen. Aber das ist nicht der Stil der Regisseurin und daher irrelevant.

Destiny (1997) von Youssef Chahine

Sehr interessant dank Chahine's Film mal den Blickwinkel switchen zu dürfen. Ich komme nicht umhin zu sagen, dass mich die Last an Kitsch und prätentiösen Blicken irgendwann aber so ermattet hat, dass ich die letzten 30min weggeschnarcht habe. Aber das kann ja auch mal gut tun und teil eines interkulturellen Sensibilisierungsprozess sein. Auf jeden Fall eine bereichernde Angelegenheit, die ich vertiefen möchte.

White Star (1983) von Roland Klick

Ein wirres Durcheinander ohne Regie und ohne Plan. Charme und Witz Klicks fehlen fast gänzlich. Seit langem mal wieder eine echte Enttäuschung von einem Göttlichen des Independentkinos (dessen feuriger Spirit sicherlich das einzige Erwähnenswerte ist, das man aus White Star mitnehmen kann, neben dem auf einem Hornissennest sitzenden Hopper).

La Femme Nikita (1990) von Luc Besson

Mit Abstand einer der nervtötendsten Filme, die ich kenne. Die Hauptfigur ist nicht zu ertragen und die Inszenierung zielt allein auf Lärm und Müll. 

Cléo from 5 to 7 (1962) von Agnès Varda

Obwohl der Film meistens und vor allem im ersten Drittel ziemlich lahmt, bekomme ich doch einen wunderbaren Eindruck, von dem was mich bei Agnès Varda erwartet. Zunächst fühle ich mich von der zaudernden und aufgesetzt wirkenden Cleo genervt und weiß vor allem als männlicher Zuschauer nicht, was ihre Attitüde ist. Aber dann, ganz allmählich, lasse ich mich auf ihr Spiel ein und versinke mit ihr in der patriarchalen Welt, die sie umgibt, lerne zuzuhören, hinzuschauen und damit auch ihre Sichtweise und Sensibilität zu schätzen. Ich lerne dazu und lande bei einem ziemlich wahrhaftigen wie drastischen Erlebnis für die Hauptfigur, das ich auf den Anfang des Films und damit auch auf die Attitüde der Figur zurückführen kann. Und Schwupps, so einfach war es, die Welt aus weiblicher Perspektive zu verstehen und diese auch anzunehmen. A little Drama never killed nobody.

Monster (2003) von Patty Jenkins

Brutale Charlize Theron, aber blasse Dramaturgie und auch blasse Spielpartnerin. Trotzdem ein Film mit starkem Nachgeschmack nach dem Schlucken und einer mutigen Prämisse, die vor allem im Angesicht von Jenkins weiteren Karriereschritten geradezu zynisch erscheint.

The Phantom Carriage (1921) von Victor Sjöström

Etwas schwülstig im Abgang, aber auch eine einprägsame Erzählung von den alten Werten des Abendlandes, wie sie bald ganz vergessen sein werden und dazu ein frühes Stück fantastischer Filmkunst.

Man with a Movie Camera (1929) von Dziga Vertov

Alle haben immer hier geklaut.

The Most Important Thing: Love (1975) von Andrzej Zulawski

Ein wirklich merkwürdiger und genauso schäbiger, wie intelligenter Film. Ein Paradoxon im Paradoxon und eine haarsträubende Aussage, die sich der Film leider nicht ganz für den Schluss aufbewahren kann. Ein Film, der einen zum urteilen zwingt und der selbst dir klare Position lange scheut. Und nicht zuletzt eine überbordende Persiflage der überbordenden Kulturindustrie und ihrer entmenschlichten Charaktere. Wie vielsagend und beispielhaft, dass Kinski spielt, was er eben da spielt. Sicherlich ein denkwürdig provokantes Werk des Dazwischen mit Seltenheitswert.

Days of Wrath (1943) von Carl Theodor Dreyer

And again another strong feminist approach of a danish man, analysing the misbehaving manhood of his time and their sickening projections of fear and hatred on feminine life and strength. Regarding its age, this film is a great achievement of reflection and story telling beneath the surface of a historical drama and superstition.

And meanwhile in Hollywood...

Das Boot (1981) von Wolfgang Petersen

Habe den neuen Director’s Cut gesehen und bin nach wie vor voll und ganz überzeugt. Petersen traut sich hier den Exodus seiner Helden zu und entlässt uns in die brutale Tristesse des Krieges. Besser und unterhaltender kaum darstellbar...

The Life of Jesus (1997) von Bruno Dumont

Ein fatalistischer Auftakt eines großen Menschenhasser-Regisseurs mit dem feinen Gespür für unsere verletzlichsten und zugleich gefährlichsten Momente. Dumont versenkt die französische Dorfidylle aber sowas von gnadenlos im Moloch, dass einem Angst und Bange wird.

Lieber Thomas (2021) von Andreas Kleinert

Für ein Biopic sehr befreit aufinszeniert und zweifellos in schätzender, als auch abschätzender Zwiespältigkeit gegenüber dem Sujet verhangen. Kreativ erzählt, stark gespielt (bis auf Jella Haase - I mean, WHY?!?!?) und trotz seiner stattlichen Länge nur mit wenigen Zwangsneurosen. Alles in allem drängt sich mir dann eher die Frage auf, warum wir solchen wenig interessanten Egozentrikern eigentlich immer solch eine Bühne bieten. Natürlich geht es hier um ein Leben inmitten der Geschichte, aber eigentlich ja doch auch nur mal wieder um eine Sensationslust an der ach so und so gearteten Figur hinter dem Werk, deren echtem Vorbild das im Jenseits nicht unbedingt schmecken dürfte. Im Angesicht dessen, und im Angesicht der Opferhaltung in der Thomas Brasch, wie hier dargestellt, sein Leben gelebt haben soll, bin ich doch froh, dass es sich der Film in seinem schicken Schwarzweiß einigermaßen erlaubt, hieraus eine fiktionalisierte Figur zu kreieren, der man auch ohne Historizität und Literaturfabel gerne über die Leinwand folgt.

Punishment Park (1971) von Peter Watkins

Dieser Film zieht alles aus dem Gerechtigkeitssinn, was dort noch zu finden ist. Dieser Film ist eine Offenbarung der politischen Erzählung und wohl die beste Mockumentary, die ich je gesehen habe. In seiner Form, wie in seinem Inhalt, ist der Film so radikal, dass man ihn kaum ertragen kann. Einzig die Wüstenszenen fallen irgendwann aufgrund ihrer etwas zu sehr dramatisierten Erzählfunktion, als gespielte und inszenierte Szenen auf und damit aus dem dichten Raster von scheinender Wirklichkeit. Aber unbedingt sollte man diesen Film gesehen haben. Man sollte ihn aushalten und man sollte dabei der Generation der 68er gedenken und auch der Gesichter der FridaysFoFuture-Menschen von heute. Es ist nicht unmöglich im Angesicht der Ignoranz des Alters, die Alten selbst als Feind zu bestimmen und es ist niemals unnötig hier zu rebellieren und zu demonstrieren und konsequent zu sein. Wie schnell soll sich etwas zum besseren wenden, wenn 60-70% der Bevölkerung eines Landes der Meinung sind, dass es gut ist, wie es ist? Welcher Gesellschaftsanteil darf Recht behalten im Angesicht der Problematik und wann zieht das Argument der Dringlichkeit? Wie alt wollen wir werden oder wie weit davon weg kommen, wie wir einmal von der Welt geträumt und auf sie gehofft haben, als wir jung waren? Und wie lächerlich sollen die Utopien unserer Kinder und Kindeskinder klingen? Und wer weiß, ob Rationalität und Realismus wirklich die Wirklichkeit bestimmen sollten oder die besten Regelbücher schreiben? Wer hat uns lahm gemacht und wer hält uns auf?

Sound of Metal (2019) von Darius Marder

Eine Reduktion auf das Wesentlichste, auf ein menschliches Maximum, auf ein Fest des Lebendigen. Ein exzellentes Drama mit mehr als beeindruckendem Schauspiel. Einbrennend.

A Short Film About Killing (1988) von Krzysztof Kieslowski

Dramaturgische Missstände aber eine radikale Prämisse mit Erschütterungspotential.

Master of the House (1925) von Carl Theodor Dreyer

Ein wirklich absolut liebenswürdiger und schöner Film. Schlicht, auch im Angesicht des rüstigen Alters und der damaligen Stummfilmerzählformen, schön im ganzen Ausmaß seiner Beschaffenheit, komödiantisch im Sinne eines Komödienbegriffs, wie er heute kaum noch existiert und dazu pointiert und nicht zuletzt elegant erzählt. Sein revolutionärer Geist schwingt über die gesamte Dauer mit und ist noch heute, beinahe 100 Jahre später, durchaus spürbar. Ein Film, den man gesehen haben sollte und ein unbeschwertes, humanistisches Erziehungswerk noch dazu.

Schwesterlein (2020) von Véronique Reymond, Stéphanie Chuat

Nichts außergewöhnliche, ein klassisches deutsches Fernseh-Drama aus dem Kosmos der sich selbst darstellenden Schauspielwelt. Nina Hoss wie immer upfront.

Sobibor, October 14, 1943, 4 p.m. (2001) & A Visitor from the Living (1997) von Claude Lanzmann

Unverzichtbare Zeitdokumente von Claude Lanzmann.

Mein Herz - Niemandem! (1997) von Helma Sanders-Brahms

Ein typisches deutsches Denkkonzept, verwobene Kunst-Gefilde, theatralisches Spiel und durchschlagende Poetik basierend auf einer biografischen Geschichte, verankert im historischen Drama inmitten den zwei Weltkriegen. Wer hier nicht überreizt wird, genießt das Talent der Konzentration eines Chirurgen. Aber auch wenn sich der Film in seinen Spielereien und seiner Studioästhetik verliert und durchaus Längen aufweist, hat er etwas Makelloses, Unschuldiges, das er über die ganze Strecke hinweg mit sich trägt. Das liegt vor allem am Spiel der großartigen SchauspielerInnen und an der Freizügigkeit der Inszenierung.

Eyes Wide Shut (1999) von Stanley Kubrick

Oft zu kitschig für mich, aber trotzdem ein Erlebnis. Hätte natürlich auch gerne die andere Seite der Auswindungen der sexualisierten Fantasien gesehen. Meine die Figur von Kidman, aber ok. War ja womöglich auch gut, dass es Kubricks letzter Film war.

L'entretien (2019) von Félix de Givry, Ugo Bienvenu

Wall-E und so.

Eyes Without a Face (1960) von Georges Franju

Die Geschichte stets puristisch gehalten und hart vorangetrieben, wiederholen sich doch viele Elemente, während andere relativ plump nur einen bestimmten Einsatz abzuwarten scheinen (z.B. Jack) und halten den Film dadurch in einem eingerosteten Korsett träger Dramaturgie - natürlich 60ies aber dann doch etwas schwungvoller bitte. Die Bilder verzücken, das Schauspiel jedoch bleibt darin blass. Der Kult ist allein aufgrund der genialen Idee gerechtfertigt, aber der Film als solcher mit seinem nervtötenden weil überbeanspruchten Soundtrack ist leider weniger gut gealtert. Bestechend sind heute noch vorrangig die visuellen Ideen und die Skrupellosigkeit in der Prämisse.

The Dance of Reality (2013) von Alejandro Jodorowsky

Gleichermaßen einfallsreich und schön, wie langweilig und verfangen. Neben zahlreichen geilen Ideen verstrickt sich dieser Film auch in vielen hohlen, bis zum Unaushaltbaren erschöpften Einfällen. Eine klassische Begleiterscheinung bei Jodorowsky, aber hier doch eine, die von deutlich weniger Konsistenz und Spiritualität belohnt wird, wie z.B. bei La moñtana sagrada.

Adaptation. (2002) von Spike Jonez

Ungewöhnlich in seiner Dramaturgie, ulkig und genial geschrieben.

The Exterminating Angel (1962) von Luis Buñuel

„All men is sheep“ and „The unwilling will“. Buñuel with another analogy’s masterpiece.

The Love Life of an Octopus (1967) von Jain Painlevé, Geneviève Hamon

Reißerisch.

The Octopus (1927) von Jain Painlevé

Faszinierend.

Tomboy (2011) von Céline Sciamma

Mit aller notwendigen Sensibilität und Ruhe inszeniert Sciamma hier bravourös einen Film von maximaler Einfühlsamkeit. Eine laute und zugleich nüchterne Stimme des Mutes und der Emanzipation in den überhitzten Sexualitätsdebatten (und das schon 2011!).

My Life as a Dog (1985) von Lasse Hallström

Ein schön gemachter, simpler Film, der eine tragische Kindheit ins Paradiesische zieht, nur um dann wieder den gleichen, tragischen Weg zurückzugehen. Ab der zweiten Hälfte verliert sich der Film dann auch etwas in seiner rekursiven Dramaturgie, weist Längen auf und lässt seinen wunderbaren Protagonisten Ingemar etwas verblassen (möglicherweise weil der Schauspieler als Kind nicht imstande war, groß zu weinen o.Ä). Umso mehr dürfen wir uns seiner schier überpräsenten Spielfreude erfreuen, wenn es um das Lauschen, Toben und Fettnäpfcheneintreten geht.

Raw (2016) von Julia Ducournau

Women with attitude.

Ratcatcher (1999) von Lynne Ramsay

Britische Milieustudie mit Kindheitstrauma, in einem seltsam langsam daherkommenden Mix aus beinhartem Realismus und eingestreuten Körnern von Surrealismus. Passt nicht so ganz und wegen fehlender Untertitel in der verfügbaren DVD ein Graus aufgrund des schottischen Dialekts.

Mirror (1975) von Andrei Tarkovsky

Noch immer zieht mich dieses kaum zugängliche und launische Werk einer Kindheitsgeschichte in den Bann und frisst mich dann langsam auf. Ein Poesiealbum der Extraklasse.

The French Dispatch (2021) von Wes Anderson

Wie selbstverständlich liebevoll bis in letzte Detail inszeniert, verspielt, exzellent gemacht und konsequent durchpointiert und gerade dabei aber so überraschungsarm und einfallslos wie nie. Es besteht einfach keine echte emotionale Verbindung mehr zwischen dem, was Anderson’s Puppenhaus-Kino will und dem, was das Publikum im Kino erleben kann, wenn es um etwas gehen soll. Bei Anderson bleibt leider nur noch ein leerer Zylinder zurück, der vom vorangehenden Zaubertrick noch ein bisschen qualmt. Der Rest ist bekannt und schabloniert. Das Kino scheint mir aber ein Raum für Stoff, als einer für Puppentheater... Mein Abschied von Anderson ist die logische Konsequenz.

Son of Saul (2015) von László Nemes

Die “Privilegien” der Gutgläubigkeit... Ein eindrückliches Filmerlebnis, dass auf keiner großartigen, aber grundsätzlich verlässlichen Hauptfigur und deren Performance basiert. Mit dem Geschmack von Shoah auf der Zunge, gestehe ich dem Film eine klare und auf der Imagination des Publikums basierende Gewalt und ein wirres Chaos zu, die uns im positiven Sinne vereinnahmen und durchschütteln. Trotzdem kommt der Beigeschmack von Stilisierung und Abnutzung nicht von ungefähr. So oder so hebt er brachial heraus, welche Opfer die Juden des Sonderkommandos zu erbringen genötigt wurden.

Twentynine Palms (2003) von Bruno Dumont

Natürlich ist es eine schlauchende Erfahrung, dabei zuzusehen, wie sich zwei Menschen auszuhalten versuchen. Und selbstverständlich kann man hier mit dem Damoklesschwert des Patriarchats oder der stumpfsinnigen Vereinfachung ob der mentalen Verfassung beider Figuren argumentieren, aber die Figuren sind eben beschrieben, wie wir sie vorfinden und als solche angenommen können wir in ihnen eine ungemeine Spannung der bloßen, sich gegenseitig verschreibenden Existenz entlocken, die uns durchweg mehr und mehr zu schaffen macht. Hier wollen zwei Wesen zueinanderfinden, die nicht zusammengehören und, wie es scheint, ohne den/die jeweils andere/n besser, ja freier existieren könnten. Aber sie geben sich eben der desolaten und verhängnisvollen Situation der gegenseitigen Dekonstruktion hin, leben die gemeinsamen Irrwege und Abgründe aus, lieben sich, hassen sich, machen sich was vor, schlagen sich vor lauter Ehrlichkeit ins Gesicht, leben ein intensives und echtes Miteinander in einer räuberischen und aneignenden Gewalt voller Ekel, Zuneigung, Übertreibung und Manipulation, die bald ihre eigene, verheerende Dynamik entwickelt, um ihrem unausweichlichen Nullpunkt entgegenzusteuern. Dabei sollte man nicht vergessen, dass man hier hauptsächlich eine menschliche Psychoanalyse betrachtet, eine Studie zweier sich selbst spielender Menschen in einem ungewöhnlich trockenen und leblosen Setting, das die karge, seelenlose Welt außerhalb unserer lebendig haltenden Gefühlswelt verdeutlicht. Und am Ende, so scheint es, bekommt jeder das, was er/sie verdient. Dabei ist es der Zeit entsprechend logisch, dass einige Geschlechterklischees dem Film anhaften, bzw. wahrscheinlich bewusst bestätigt wurden. Das Spannende hierbei ist, wie der Film darüber reflektiert und wohin er diese trägt, in welchen riskanten Interpretationsraum hinein. Diese Zerreißprobe und die gewagte Freizügigkeit (ebenfalls in der Inszenierung und im großartigen Spiel) ist der Grund, warum solcherlei Filme von bestimmten Menschen immer verhasst sein werden. Ich empfehle ihn wärmstens.

Ich bin dein Mensch (2021) von Maria Schrader

Intelligent geschrieben, mit herrlich amüsanten Pointen, schnörkellos kondensiert und doch in gewissen Teilen etwas kitschig und leider mit sehr schlechten VFX. Da ist wohl echt das Geld ausgegangen... Aber trotzdem ein Lichtblick im deutschen Kino und zurecht ein hochgelobtes Werk voller Mut aus starker, weiblicher Perspektive.

The Dreamers (2003) von Bernardo Bertolucci

Ich finde das ist ein wunderschöner, weil so gewagter Film vor allem für Filmfreaks. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und natürlich kommt er mit einer ordentlich aufgeschlagenen Haute-Couture-Schaumkrone daher, die man ablehnen kann, wenn man so will.

Shoah (1985) von Claude Lanzmann

Es hat lange gedauert diesen Film anzusehen und noch länger ihn zu bewältigen. Shoah ist das akribischste, dokumentarische Forschungsprojekt, das ich kennenlernen durfte. Den Meisten dürfte bekannt sein, dass sich dieser Film mit eine der wichtigsten Frage der jüngeren Geschichte beschäftigt, der Vernichtung der Juden durch das Dritte Reich und dem menschlichen Verhalten, das diese überhaupt ermöglichte. Dies vollzieht er mit der bewussten Genauigkeit eines nachbohrenden unerschöpflichen Regisseurs, dem würdigen Raum, den dieser seinen Protagonist*innen einräumt und der Konsequenz mit der er still, andächtig und höchst würdevoll erzählt. Dementsprechend geht einem dieser Film ständig und in bald schier unerträglichen Wellen unter die Haut, bricht einen langsam von innen auf und leistet einen und wahrscheinlich den ganz wesentlichsten Anteil überhaupt an einem intensiveren und erlebbaren Verständnis von diesem unsäglich grausamen Teil unserer Geschichte und dem Schicksal so vieler Menschen. Nach und nach beginnt man das Halbwissen und die Vorprägungen aus dem Geschichtsunterricht, dem Hörensagen und von der medialen Sozialisierung abzulegen und beginnt damit, sich den eindringlichen und erschütternden Schilderungen der Protagonist*innen hinzugeben. Bald bleibt einem nicht mehr, als immer wieder den Kopf zu schütteln und perplex zu rekapitulieren: ja so war das tatsächlich. Und das nicht durch Zahlen, lose montierte, schockartige Bilder von damals oder reisserische Berichte, sondern dank der einschneidenden Stille zwischen den Erzählungen der Überlebenden, dank der sachte und unaufdringlich gefilmten Bildern, dank der stets voller Anstand gewahrten Würde für die Toten und Opfer eines Verbrechens mit unfassbarem Ausmaß und einer kaum zu erfassenden, aber eben doch erfassten, Niederträchtigkeit der Verantwortlichen und Ausführenden. Mein Respekt und Mitgefühl gilt allen Opfern dieser Zeit, aber ich erfuhr auch noch eine ganz eindeutige Sensibilisierung für die europäischen Juden, die eine „Sonderbehandlung“ erleiden und damit eine Sonderrolle in diesem Wirrwarr der Grausamkeiten einnehmen musste. Mein Dank gilt Claude Lanzmann und seinem Team, für so viel Geduld und Hingabe ein solch wichtigen Beweis für unsere Geschichte zu schaffen und diesen dabei so gnadenlos in das Licht der Verantwortung zu rücken. Mögen wir alle - und natürlich allen voran die Deutschen unter uns - nie vergessen.

The Old Gun (1975) von Robert Enrico

Ein extrem kitschig inszeniertes Männermärchen vom behäbigen Oberarzt der den Kohlhaas macht. Schlecht gealtert und mit einer beneidenswert guten Romy Schneider in einer bedauernswerten Rolle.

Knife+Heart (2018) von Yann Gonzalez

Ok, aber warum? Was wird hier eigentlich erzählt? Ein klares Problem sind für mich auch die zu vielen Nahen, die schön aussehen aber sich irgendwann in einem abstumpfenden Einheitsbrei auflösen.

Paul (1974) von Klaus Lemke

Sicher nicht die größte Erzählung aller Zeiten, dafür ungemein authentisch besetzt und allen voran gewagt inszeniert. Lemke traut sich hier den unerschrockenen Versuch zu, sein Ensemble zum Spielen einzuladen und lässt dafür die Kamera rennen bis kein Film mehr auf der Rolle ist. Die rohe Gewalt und der vorgelebte Existenzialismus der Kiez-Figuren spielt der filmischen Erzählform hierbei natürlich in die Hände und macht aus “Paul” einen waschechten Kiezfilm und einen gelungenen weil befreiten Ensemblefilm gleichermaßen.

Theo gegen den Rest der Welt (1980) von Peter F. Bringmann

Trotz profan gehaltenem Proletariatsethos ein merkwürdig verkorkster Film mit voller Plattitüden.

Riders of Justice (2020) von Anders Thomas Jensen

Ich habe die Ambivalenz zwischen emotionaler, impulsiver Auseinandersetzung mit realen Problemen (vor allem posttraumatischen) und Entertainment verstanden und ich reflektiere fleißig hin auf eigene Biederkeit, aber ich komme nicht umhin zu sagen, dass mir das zu billig, in Teilen geschmacklos und abgedroschen ist und ich nicht mit so vielen einfachen und einfallslosen Kniffen des Actionkinos im Angesicht einer solchen inhaltlichen Belastung leben kann. Das gehört womöglich zum zynischen dänischen Kino, funktioniert für mich aber nicht auf der Basis von so vielen offen klaffenden Wunden, die zwar mutig, aber doch prätentiös in Szene gesetzt und damit schlichtweg im Sinne einer forcierten Leichtigkeit abgearbeitet wurden. Den Versuch erkenne ich an, aber die nötige Reflexion und Eleganz spreche ich ihm ab. Schade.

Sorcerer (1977) von William Friedkin

This movie doesn’t give a fuck and it’s just great in it. It doesn’t give a fuck about his reputation, about existing simply on a single plot line and about totally empty characters and all that is pretty fantastic. Unlike Refn I wouldn’t name it a masterpiece but still it is a blast of a movie, having the director playing around like a kid that teaches a game to its friends it just invents on the spot while it keeps talking about it. The movie is so much fallen in love with its own details and ideas (which are more or less always “obstacles” but seldom plot driven or character driven events) that it seems to forget completely about the attraction between the audience and the story. It just seems to do what ever it likes to do, which starts already with the selection of the character arcs which are thankfully and basically all unlikable. Never before I felt that the style of a movie and its characters are so deeply rooted in each other. It is just not the best script ever and also not a really bright intention by the director, but therefore a fraud and masturbating piece of filmmaking, that got shot all around the world with the mentality to leave nothing behind - and you can really feel that. But also it’s no wonder, Friedkin’s career went on a wild ride afterwards.

Frances Ha (2012) von Noah Baumbach

A beautiful lighthearted and pure piece of work in a optimistically manner, that lets you dream of big city life and a satisfying individualism in Allen-like ways. It’s just a pity to me that Frances can not stay poor at the end and that the story has to be fulfilled in the terms of the old fashioned believe of the American dream. Why can’t we just stand the possibility of not being successful?

Rosetta (1999) von Luc Dardenne, Jean-Pierre Dardenne

Bestechender Realismus, der in diesem Film sicherlich ein herausragendes Banner statuiert bekommt und zeigt, was es bedeutet sich als Filmemacher*in einer Figur und eben nicht einer Handlung zu verschreiben. Hier ist die Figur die Geschichte.

No Time to Die (2021) von Cary Joji Fukunaga

Well well well. Ein Kinokind tobt sich aus. Cool und kitschig übertrieben zugleich kommt der letzte Streifen mit Craig daher und besticht vor allem durch seine wunderbar inszenierten, aber auch erwartbaren Actionsequenzen im Stile von James Bond. Der Film versucht sich seiner angestaubten Historizität bewusst zu machen und bewahrt doch seinen Macho-Charme, den man durchaus als nicht mehr zeitgemäß empfinden kann und GERADE DESHALB darüber lachen sollte. Das einzig wirkliche Problem habe ich mit dem Ende (no spoiler), bzw. dem in seiner filmischen Form der von Marvel und Co. zu verwandten Endsequenz (ich sage nur, alles vermeintlich Episch-Totalitäre kommt von oben), sodass man es nicht ignorieren darf. Lasst euch doch einfach mal was Neues einfallen und beerdigt mal eure heroischen Gedanken, Hollywood-Dude*ttes. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, nur all jenen viel Spaß wünschen, die drei Stunden lang Bock haben, die Faust zu ballen und „jetzt gibts auf die Nüsse“ ausrufen wollen. Das geht schon mal klar, solange man anschließend mal Dostojewski liest o.Ä., um wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen. Viel spannender als eine weibliche James Bond, fände ich übrigens einen männlichen James Bond, der von einer aufrichtig am Stoff interessierten Regisseurin übernommen wird. Das wäre mal spannend (und nein, nicht Lynne Ramsay).


Wiederholte Sichtung, eine Woche später:

Ich korrigiere. Eigentlich bleibt nichts als hohler Kunststoff und ein abgekauter Lovestory-Happen. Schade um die genüssliche Action, die’s allein aber auch nicht hält. Und warum fällt den ganzen Mainstream-Piloten eigentlich nichts besseres ein, als ein allumfassendes Explosions-Ende von oben herbeizuführen?

Nackte Tiere (2020) von Melanie Waelde

Alles wie immer im deutschen Arthouse-Kino. Hohl, unnachvollziehbar und so sensibel wie ein Stein auf dem „Sensibilität“ geschrieben steht. Sorry, danke, aber nein. Einziger Lichtblick: Marie Tragousti, Sammy Scheuritzel, die auf jeden Fall was können.

Mouchette (1967) von Robert Bresson

Bresson ist der Meister des verstohlenen Blickes auf seine wortkargen Konstruktionen, die stets um ein zentrales Ereignis, einen kritischen Moment der Katharsis seiner auserwählten Figuren kreisen. In Mouchette fand er erneut ein junge Laiendarstellerin, die das angelegte Profil Bresson‘s dank ihrer äußerlichen Erscheinung und ihrer so stark durchschimmernden Eigenart eins zu eins auszufüllen vermochte. Nur so gelangt der Film zu einer enormen Authentizität und verstört dadurch ungemein im Angesicht der einfach zugänglichen Identifikation mit der Hauptfigur Mouchette und ihrem leidvollen Spießrutenlauf als quasi heimat- und elternloses Opfer in einer Gemeinschaft von Böswilligen. Leider ist mir das Ende, wie so oft bei Bresson, zu unkonsequent und verspielt.

Dune (2021) von Denis Villeneuve

Es benötigt eben einen ganzen Haufen Exposition, um die geballte Ladung Epik und Theatralik zu entfesseln, die Villeneuve sich hier vorgenommen hat. Damit kann man ja auch mal leben, die wahnsinnigen Bilder der technischen Darbietungen von Dune genießen und darüber hinwegsehen, dass Paul’s ach so wichtiges Träumchen einfach inhaltlich überstrapaziert wird. Denn dann macht Dune einfach richtig Spaß, ist ungemein spannend und natürlich einnehmend imposant. Ich habe einen großen Kinomoment erlebt und gesehen, wie sich das Kino selbst zelebriert. Und das war auch mit Sicherheit die wichtigste Erkenntnis des gestrigen Abends. Natürlich kann Dune auch visuell bestechen. Als alter Texturenfan komme ich voll auf meine Kosten und werde zusätzlich mit einer heftigen Klatsche Architekturpornografie belohnt, die sich aber ausschließlich brutalistisch versteht, anyway, it was a pleasure. Neben dem zum Dahinschmelzen aufspielenden Chalamet weiß auch Rebecca Ferguson zu überzeugen. Ganz allgemein dominieren die ernsten Visagen die kühlen Interieurs und weiten Leeren der interplanetaren Erfahrungswelt der Leinwand. Ein fast perfektionistisch abgestimmte, cineastische Mixtur, die in der Dramaturgie manchmal einige Kompromisse aufgrund der geballten Erzähllast machen muss. Trotzdem ein gelungener und gewaltiger (ja jetzt reicht es dann auch mal mit den Superlativen) Startschuss für einen traumartigen und spannenden Kinoepos.

The Sermon (2018) von Dean Puckett

Puh ne, in seiner Eigenheit schräg, aber als Analogie viel zu abgezirkelt und deutlich und ohne Aufschwung.

The Green Ra (2001) von Tacita Dean

Which movie “stole” this or where she stole it from? Can somebody relate? ... Of course... Éric Rohmer...

Valparaiso (1963) von Joris Ivens

Schönes Portrait einer spannenden und einzigartigen Stadt mit einem leicht desaströs anmutenden Touch und einem teilweise zu starken Schuss Melancholie. Definitiv sehenswert und allem voran grandios montiert!

Ten (2002) von Abbas Kiarostami

Wunderbar dialektischer Film voll klar gezeichnetem Realismus und einem die Handlung vertiefenden und der Dramaturgie dienenden Setting. Beschränkung aller Mittel at it‘s best!

Candyman (2021) von Nia DaCosta

Die etwas umständlich geratene Heirat von Polizeigewalt gegen und das radikale Aufbegehren von der BIPoC-Community funktioniert nur teilweise und wird mit einer seltsamen Mystifizierung aufgeladen, die ich in der Form und Fülle persönlich nicht gebraucht hätte (sehr artifiziell, was allerdings wiederum vom Film dank seines reflexiven Kunstmillieu-Settings mitgedacht wird). Trotzdem funktioniert der Film dank des Mythos von Candyman und den dunklen Hoffnungen, die die rachedurstigsten BIPoC an ihn verknüpfen, nämlich als bedrohliche Manifestation ebendieser. Wie selbstverständlich urteilt der Filmemacher auch gleich über seine eigene Rolle im Korsett der Verantwortung und Geschichte und lässt die “Künstler-Gentrifizierung” als Methode zur Aneignung von alten Stoffen (aus alten Vierteln) auffliegen, wobei hier unbeleuchtet bleibt, dass die Reproduktion der Reproduktion ja durchaus verschiedene Stadien der Interpretation genießt und sich so in etwas „Neues“ entwickelt. Neu ist dies hier alles in der Tat nicht und auch nicht in letzter Konsequenz spannend, weil nicht berauschend, emphatisch nachvollziehbar oder begründbar genug. Sicher werden sich Mitglieder der BIPoC hier angesprochen fühlen. Doch wahrscheinlich kommen auch sie nicht umhin, in Candyman letztlich doch nur eine „nette Idee“ im Sinnes des Ausdrucks von Unterdrückung und Rache erkennen zu müssen. Andere Filme haben dies besser gemacht.

Offene Wunde deutscher Film (2017) von Dominik Graf, Johannes Sievert

Zum Glück gibt es das! Wärmste Empfehlung.

Tides (2021) von Tim Fehlbaum

Ein “Regisseur” der viel riskiert, aber alles dafür tut, nach Hollywood zu kommen und ein Kameramann mit einer Sehschwäche und ein entgleisender Ton. Trashcan.

Die 120 Tage von Bottrop (1997) von Christoph Schlingensief

Die schöne Illusion der Freiheit.

Battleship Potemkin (1925) von Sergei Eisenstein

Die volle Wucht der Bilder,

Vertigo (1958) von Alfred Hitchcock

So sehr ich die Kohärenz von Information und Handlung, die Prägnanz von Inhalt und Form und die Genialität von Plot-Verständnis und psychoanalytischer Ikonologie begreifen kann, so sehr fehlt mir dir Leerstelle bei Hitchcocks Filmen und dies am Deutlichsten beim fast zu perfekten “Vertigo”. Die detektivartige Manier, in der Hitchcock seine Filme anfertigt, erzeugt eine Menge Spannung und lässt einen an den geistesgegenwärtigen oder geistesabwesenden Abgründe der Figuren herumdoktern. Und natürlich liegt darin einige Überraschung und Deutungshoheit des/der Rezipient/in. Auch beweisen sich die Filme Hitchcocks gewissermaßen natürlicherweise in der Haltbarkeit des zeitgenössischen Diskurses. Wenn John die, sich in verzweifelter Mimikry übende, Judy bis zum “Selbstmord” drängt, dann lesen wir das heute auch in der Debatte toxischer Männlichkeit und patriarchalem Statuserhalt auf der Basis eines Medusa-Traumas, ausgelöst von der Begegnung mit einer sich emanzipierenden (und viel zu ‘unerreichbaren’) Frau. Dazu sei gesagt, dass Hitchcock dem Fakt der chauvinistischen Grundnote ja selbst einiges autobiografisch beizufügen hatte. Aber zurück zum Hauptgang, der Verstümmelung des Mythos unter der Maske der Ikonologie. Das intrigante Symbol- und Hinweisstreuen macht in meiner Wahrnehmung keinen “spannenden Film”. Die Regie-Streiche sind schlichtweg Spielereien, die über eine ideologisch aufgeblasene Modellierung des Publikums hinwegweisen und von der Problematik ebendieser ablenken. Ich wage jetzt einfach mal eine steile These: bei Hitchcock werden wir weniger zum Sehen eingeladen, als dass uns dies nur als ausbleibende, unerreichbare Möglichkeit innerhalb seines filmischen Werks verkauft wird. Denn eigentlich hat der Regisseur hier ein unheimlich festes Korsett von Konventionen und Ideologie geschnürt, die nur in ihrer Entlarvung negiert werden und nicht in ein positivistisches Bild von Interpretationsfreude umverpackt werden sollten. Wenn die Nonne grinst, das Profil die Fährte legt und einmal mehr alles grün schimmert, dann weil hier kein Platz für tatsächliche Interpretationsarbeit ist, kein Funke Mythologie überspringen soll und wir uns schon gar nicht in existenzialistischen Fragestellungen verlieren sollen, die das Kino glücklicherweise auch anzubieten hat. Letztlich sollte man sich fragen, wie viel Konformismus und Bigotterie einem eigentlich recht ist, denn - und dies muss man einfach auch mal über den viel zu entlarvenden Schein des Szenenbilds hinweg anerkennen - das ist die auf dem Silbertablett servierte, eigentliche Gesinnung dieses Films. Zu guter Letzt bleibt also anzuerkennen, wie handwerklich perfektioniert und ideologisch intrigant Hitchcock’s Kino agiert und wie daraus selbst ein idealisierter Mythos entstanden ist, der dringend entmystifiziert werden darf. 

PS: Zum ersten Mal im Kino gesehen im wundervollen Ambiente des römischen Theaters von Fiesole, Italien. Bon Gusto.

Gorbachev.Heaven (2020) von Vitaly Mansky

Ein sehr zurückgenommenes Porträt einer tragischen Figur der Weltgeschichte, dass man ohne eine gehörige Portion Basisvorwissen nur schwer anzunehmen im Stande sein könnte. Die wenigen Statements, Anspielungen und inhaltlichen Umkreisungen, die aus dem senilen Gorbatschow jedoch herauszubekommen waren, lohnen sich allemal.

Bickels (Socialism) (2016) von Heinz Emigholz

Ok und konsequent aber in der Montage uninspiriert und ohne Überraschung. Eine pure Observation, rein in ihrer Intuition.

Barbara (2012) von Christian Petzold

Petzold gibt hier etwas zum Besten. In diesem thrillerähnlichen Metier fühlt er sich offensichtlich am wohlsten, um seine subtile Art der Geheimnisbewahrung als Erzählung durchsetzen zu können. Hoss und Zehrfeld spielen großartig, begleitet von einem gut ergänzenden Ensemble und einem spannend kargen Szenenbild, das den Schauspielern alle notwendigen Mittel zum Brillieren an die Hand gibt. Es bleibt Petzolds patriarchales Problem, zumindest in den Filmen mit Hoss, der weiblichen Hauptfigur immer ein Laster bezüglich Männern auf den Latz schreiben zu müssen. Vielleicht ist „Gespenster“ deswegen ein umso erfrischenderer Film aus Petzold's Werk, da er dementsprechende Klischees einmal nicht bedient. Trotzdem ein guter, spannender Film ohne Längen.

You Were Never Really Here (2017) von Lynne Ramsay

Finde eigentlich so ziemlich alles an dem Film mittelmäßig bis unterdurchschnittlich, außer den, dann aber leider doch zu unentschiedenen, Soundtrack und Phoenix’ grund-manisches Schauspiel. Ansonsten versucht Ramsay hier eine „simple“ Geschichte zu etablieren, verliert dabei aber leider das Zugpferd - den Hauptcharakter und Killer Joe - ab circa der Hälfte des Films mehr und mehr aus den Augen. Der dabei angewandte Arthouse-Approach ist tatsächlich eher lächerlich als ansprechend und wird spätestens von der “Killer-und-Killer-Hand-in-Hand-Szene” als opportunistische Hollywood-Aneignungsnummer entlarvt. Ist man sich dessen bewusst, darf man sich leise über einige ästhetische Errungenschaften bei der “Beerdigung” und der... ja was denn eigentlich? Ah stimmt, dem Salat aus Nahen und Halbnahen erfreuen, der tatsächlich keinerlei Innovation zu bieten hat. Dafür ist die Jumpcutterei gelungen und wagt zumindest irgend etwas in diesem doch unsäglich gewöhnlichen „Überraschungsfilm“. Dass das behandelte Sujet (Posttraumatische Belastungsstörung, suizidales Verhalten, Kindesmissbrauch) hier in seltsamster „Gewalt-erzeugt-Gegengewalt-Manier“ abgehandelt wird, lässt nicht nur auf reichlich Ideen- und Reflexionslosigkeit hoffen, nein es beweist wieder einmal, wie gut die Amis darin sind, hardcore alles weg zu modellieren und zu pauschalieren und jede Ambivalenz und Tiefe aus einem Menschenbild (denn auch wenn es leicht zu vergessen ist, diese werden in Filmen ja zumeist doch noch abgebildet) zu entfernen. Ein weiteres Beispiel für: Liebe Freund*innen, denkt darüber nach, was ihr euch hier anseht.

Hochburg der Sünden (2009) von Thomas Lauterbach

Ein ehrlich gemeinter, spannender Dokumentarfilm eines spannenden Theaterprojekts von einem allzu reißerischen Theaterregisseur (Volker Loesch) und einem sich mitreißen lassenden Filmemacher. Der Film lässt Potential dort liegen, wo er sich zu sehr auf die mögliche Sensation einer stereotypischen Situation mit einer der eher die Stereotypen bedienenden Frauen aus dem Ensemble als Protagonistin versteift. Dies wird leider am Schluss überdeutlich, wenn der Film mit dem größtmöglichen Abgesang der Protagonistin auf das Projekt endet und dann in Textform doch noch und äußerst trivial ihre Treue zum Projekt quasi nachträglich kommuniziert. Interessiert hätten mich hier die transparent gezeigten Prozesse der Diskussion zwischen (Theater-)Regisseur und den türkischen Frauen oder die Lust an noch mehr Reaktionen außerhalb des Produktionskosmos des Theaters. Oft wirkt die Erzählung lückenhaft und sprunghaft und lässt mich mit wenig nachvollziehbaren Wandlungen im Gefüge der Protagonistinnen im Stich. Für eine tatsächlich transparente Aufstellung der Ensemblearbeit hätte es möglicherweise noch mehr Einsatzzeit des Filmemachers oder Kameras gebraucht und eine konsequentere Fokussierung auf mehrere der Protagonistinnen, deren unterschiedliche Standpunkte zwar deutlich wurden, aber nicht klar genug verfolgt wurden. Hier hätte der Film auch gut und gerne noch eine halbe Stunde draufpacken dürfen, um ein ehrlicheres und reiferes Bild der Produktion und ihrer Auswirkungen auf die Protagonistinnen vermitteln zu können.

Der Amerikanische Freund (1977) von Wim Wenders

Mir gefiel der Film nicht sonderlich, weil ich - wie so oft bei Wenders - den Regisseur und allen voran seine seltsam verqueren Vorstellungen von Gewalt und Männerschaft zu oft und zu stark durch die Handlung strahlen sehe, bzw. dies als Widerstand beim Schauen empfinde. Wenders ist sicher ein großer Regisseur mit einem noch besseren Kameramann (visuell ist das hier wirklich große Klasse) und die Besetzungsideen allein zeugen von geballter Freizügigkeit, und trotzdem blieb hier am Ende ein fader Beigeschmack, der durch Wenders Umgang mit dem Stoff ergeben hat. Zu spielerisch und naiv werden hier Sujets wie Tod, Mord und Freundschaft an eine gewissermaßen überkonstruierte Handlung verschenkt, die vom flapsigen Umgang nicht wirklich profitieren kann. Wenders übersieht für mich die Tiefe seiner Charaktere und das Potential zwischenmenschlicher Tragödien. Ein gebrainwashter Deutscher macht auf liberalen Amerikaner und Cowboy, ohne seine eigene, sozialisierte Bigotterie tatsächlich abstreifen zu können. Da war der kritische Ansatz in Paris, Texas der deutlich intelligentere für mich. Auch das Schauspiel wirkt manchmal einfach etwas von der Rolle...

Quo Vadis, Aida? (2020) von Jamila Zbanic

Ein ziemlicher Brocken klatschte mir heute mit diesem Darm windenden und Gänsehaut verursachenden europäisch-historischen Erinnerungswerk von Kino in den Nacken meiner naiven Ahnungslosigkeit. Ich war und bin immer noch über die Härte dieser Erzählung erstaunt, die sich glücklicherweise nicht zu sehr an ihre Hauptfigur klammert und nie kitschig überdramatisiert, sondern eher einen dokumentarischen und durchaus auch kritisch zu betrachtenden Ansatz an sein Sujet gewählt hat und damit zu fesseln und mitzureißen weiß. Es ist definitiv ein konservierender und erhellender Anspruch, der hier mit dem klassischem Schauspielkino zusammengebracht und mit Bravour umgesetzt wird. Die beschriebenen Zustände werden mit würdigen und bewussten Mitteln aufgearbeitet und in die Perspektive einer tapferen Frauenfigur gerückt, die uns allzu verständlich voller Leid und Furcht durch die Handlung zerrt. Am Ende ist man dann gar erleichtert, wenn das Schlimmste eintritt, weil es eben endlich und unausweichlich eintreten musste. Der Film verlangt einem zurecht ein gewaltiges Stück Menschlichkeit und Trauer ab und lässt mich mit dem Wunsch zurück, nie in ähnlichen Zustände kommen zu müssen und Ungerechtigkeiten und zwischenmenschlichen Gräueltaten keinen Platz einräumen zu wollen. Starkes, politisches Kino!

Another Round (2020) von Thomas Vinterberg

Für mich seit langer Zeit der beste Beweis, wie dicht (ja, der kommt flach) und reichhaltig ein auf philosophischen Ansätzen basierendes filmisches Werk sein kann und welche Ergänzungen es eben diesen oft abstrakten theoretischen Labyrinthen vereinfachend, aber auch versinnbildlichend zur Seite stellen, und sie damit für die Menschen nutzbar und allen voran nahbar machen kann. Es wäre falsch zu sagen, es ginge in diesem Film nicht um Alkohol, aber hey, es geht nicht um Alkohol... Wer hier helikopterartig jegliches Zerstörungspotential des Ethanols anprangern muss und die Suchtproblematik in den Vordergrund manövriert, verdient es, die kleinen Wunder der Ehrlichkeit in dieser bescheiden erarbeiteten Erzählung zu verpassen. In den von Anika ausgesprochenen Sätzen: “Mir ist es scheißegal, ob du trinkst. Dieses ganze verdammte Land trinkt.” (so oder so ähnlich) liegt hierfür Antwort genug. Wir alle tun es und für uns alle ist es am Ende nicht gut - oder besser gesagt: die gleiche Scheiße. Wir ertappen uns ja doch bald dabei, in eine Falle getappt zu sein, egal wie sehr sich unser jugendliches Ich einst dagegen gerüstet hat. Aber das ist auch das Leben und das Leben ist das, was am Ende eben übrig bleibt. Butter bei die Fische, wem will man es schon übel nehmen, endlich einmal den Schleier der hohlen Vernunft von sich reissen zu wollen. Die verkümmerte Intuition, liegt ja brach und nackt danieder und schreit flehentlich nach der besinnungslosen Unvernunft aus (Jugend- und) Kindheitstagen, auf dass diese sie endlich wieder entfesseln soll, spielt das Leben doch immer sein eigenes Spiel, auch wenn man sich darin ganz gut schlägt. Dieses Dogma ist der Film. Umso bemerkenswerter ist es, dass das Leben dem Regisseur während der filmischen Arbeit selbst so übel mitgespielt hat und dem Film somit vielleicht auch eine abschließende, verzweifelte Nuance des Aufstands beigefügt hat. Hier wird ehrlich gezeigt: wir sind uns nicht genug. Das Leben ist uns nicht genug. Wir suchen verzweifelt nach dem Erleben, nach dem Rausch, der uns Nacht für Nacht über diese seelenlose Erde trägt. Und mal so salopp daher gesagt, was bleibt den meisten von uns da schon, außer dem Alkohol und dem röhrenden Gesang der befeuchteten Kehle alter Ohrwürmer aus der Zeit der Jugend? Die Schauspielleistung ist ohne Abstriche grandios und von vortrefflicher Inszenierung. Lediglich einige, unnötig emotionalisierende Push-Ins hätte man sich sparen können. Konsequenter wäre es im Sinne des Films am Ende gewesen, die Texterei wegzulassen, die sich Martin und Anika „erlauben“. Trotzdem ein Film zum Leben und zum Sterben und für alles dazwischen.

Jerichow (2008) von Christian Petzold

Mit spannenden, autorenmäßig herausgenommenen Freiheiten in der Erzählung, aber mit großen, zu stark konstruierten Elementen der wiederum autorenmäßigen Hybris.

2 + 2 = 22 (The Alphabet) (2017) von Heinz Emigholz

Inspirierend ja, und auch der eigenen Sache treu im Kontext der Musikvideos für Kreidler, aber trotzdem inhaltlich zu sinnentleert verknüpft und langwierig. Auf jeden Fall eine Musikdokumentation der besonderen Art, angelehnt an Godard’s Rolling-Stones-Doku.

Shadows of Forgotten Ancestors (1965) von Sergei Parajanov

Wir im Westen sollten uns dringen dazu verpflichten mehr solcher Film zu sehen um uns an eine ganz andere Form der Wahrheit in uns selbst anzunähern.

Le Cercle Rouge (1970) von Jean-Pierre Melville

Hier sehen wir rhythmisch angelegtes und großartig durchkomponiertes Kino von der ersten bis zur letzten Minute. „Le Cercle Rouge“ erzählt von der perfiden Professionalisierung eines modellierten Menschen im Sinne des Berufs, also die Auflösung des Selbst unter dem Dogma der Arbeit selbst. Egal ob Polizist oder Verbrecher, hier sind die Individuen von dem zu Beginn gezeigten Moment der abgelehnten Selbstreflexion (Corey kommt endlich aus dem Gefängnis frei und will nie wieder hier hin zurück, da gefangen gleich aufgabenlos und damit identitätslos) bis zum Ende ganz ihrem beruflichen oder, besser gesagt, berufenen Zweck untergeordnet und von diesem absorbiert. Emotionen oder gar menschliche Züge nehmen selbst bei dem Selbstmordversuch eines Sohnes keine bedeutende Rolle in der Erzählung ein und liegen immer abseits des Gezeigten. Melville lässt uns ganz ohne die Ansprache der emotionalen Wahrnehmung in das Spannungsgefüge eines Komplotts hineinschlittern und benutzt hierfür keinerlei Umwege. Genauso rational und kalt, wie die Akteure hier handeln, entmenschlicht und entwürdigt im Sinne des gesunden Menschenverstandes, edel und anmutig im Sinne der Profession, handelt auch die Kamera, der Ton und allen voran der Schnitt, der jegliche kleinste Regung von “Zu-Viel-Nachdenken” eiskalt unterbindet. So fährt der Film ein langsames, aber gnadenloses Tempo in abgeklärter Rhythmik und unterkühlter Tonalität. Ein Meisterwerk des Genre-Kinos und allemal sehenswert, auch wegen einem begnadet aufspielenden Alain Delon.

Die Katze (1988) von Dominik Graf

Extrem spannender und gut gemachter Thriller als Paradebeispiel für „Es-geht-doch-Filme“ aus Deutschland, der am Ende allerdings leider seiner überzüchteten und unnötig lange im Verborgenen gehaltenen Backstory-Dramaturgie zum Opfer fällt und nicht mehr die volle Wucht entwickeln kann, weil der „Twist“ nicht funktioniert, da man ihn schon angenervt vorhersehen musste, bzw. aufs Auge gedrückt bekommen hat. Die ganze sexuell aufgebauschte Täter-Opfer-Beziehung zwischen den Protagonisten dient letztlich als einziger narrativer Nährboden für eine mögliche Konklusion, aus der sich dann kein Explosionspotential entwickelt, mit dem der Film durchhalten, bzw. gegen Ende zu überzeugen weiß.

Das Testament des Dr. Mabuse (1933) von Fritz Lang

The original Heist movie?!

Island of Lost Souls (1932) von Erle C. Kenton

Guter, alter Schinken, noch ganz im Glauben an einsame Inseln und biotechnologische Erfindungen reicher Wissenschaftsnerds auf eben diesen. Welch Vorstellung! Aber Spaß beiseite, im Sinne der transhumanen Debatte ist dieser Film noch immer zeitgemäß und entlarvt auch bald 100 Jahre später den unzertrennlichen Zusammenhang von elitärem Isolationsgehabe und theoretisch wahnwitziger, wie gefährlicher Gedankensaat. Auf der „Island of Lost Souls“, eines im Gottkomplex überhöhten Feldversuchs, werden Tiere von Dr.Moureau zu Menschen umgewandelt und aufgrund der mangelnden Qualität, bzw. der mangelnden Menschlichkeit der Ergebnisse als minderwertige Lebewesen, halb Mensch, halb Bestie, ihrem Schicksal als in der Wildnis lebende „Natives“ überlassen. Allein, dass hier visuell der Touch von Neandertalern oder anderen prähistorischen Vorfahren mitschwingt, zeigt, wie schön niedlich und bekömmlich die Vorstellungen des Transhumanen einst mal waren. Geboren aus genetischen Kreuzungen mit den vielen Variablen der Natur soll ein echter, aber nicht einmal ein besserer Mensch entstehen. Nur soll bewiesen werden, dass jede Lebensform, im Zwang des Labors beschleunigt, sowieso zur menschlichen Form hin evolutionär tendiert, dass also wir die Gipfel der Schöpfung sind. Wo heute das Menschliche überwunden werden oder zumindest in (großen) Teilen durch Technologie  ersetzt werden soll, waren es damals - ja, man muss es so sagen - niedliche sodomistische Querverweise eine Panther-Frau oder einen Gorilla-Mann ins Leben zu rufen. Da darf man auch mal bitter Lachen, im Angesicht der Cyborg- und Uploading-Fantasien unserer Gegenwart. Dass wir uns hierbei die Natur unterwerfen und meinen, sie ein für allemal übertrumpft zu haben, ist heute wie damals die gleiche Hybris. Sie führt am Ende zum Sturz des Göttlichen und der Rebellion der animalischen Kraft, die keine Gnade kennt. Wie immer, dürfen wir hier in Gedanken an die Weltall-Milliardäre und die Crispr-Babys einmal genauer hinsehen...

Starlet (2012) von Sean Baker

Wieder ein unaufgeregt aufregender Film eines Meisters der bizarren Zusammenführungen und menschlicher Liebenswürdigkeit. Klischeebeladenes Sujet, tolle, ansprechende Performance meist sehr roh, aber auch unverbraucht wirkender Gesichter und eine herzerweichende Geschichte. Nuff said.

I Am Not a Witch (2017) von Rungano Nyoni

Was für ein kluger, unaufgeregt befreiter Ansatz und welch schöne neue Stimme/Einblicke. Spannend, sobald man sich an den Stil gewohnt hat.

Train to Busan (2016) von Yeon Sang-ho

Prätentiöser Müll von höchstem Kitsch und einigermaßen ordentlicher Dramaturgie und funktionalem Zwiebeltränenschauspiel.

Songs My Brother Taught Me (2015) von Chloé Zhao

Very pretentious in some parts but also immersive and sensitive towards its empowering subjects and premise. Certainly the better Nomadland.

Streescapes (Dialogue) (2017) von Heinz Emigholz

“The camera is not the eye and the eye is not the camera.“ Thank you Heinz. Wer bildgewordene Filmtheorie zerdacht und zersetzt finden will, wird hier fündig.

Nomadland (2020) von Chloé Zhao

Ein bisschen weichgespült durch einen nervig laut gemischten und sentimental daherkommenden Soundtrack wird hier ein großartiges Schauspiel mit einer überaus feinfühligen und geradlinigen Inszenierung wie Bildgestaltung vereint und harmonisch in den Kontext von Sehnsucht und dem Drang nach Leben gesetzt. Nicht mehr, nicht weniger und sehr bewegend.

Tangerine (2015) von Sean Baker

Bestes Independent-Inferno als ermutigendes Beispiel für alle Young Guns, extremer, inhaltlich vor Stolz und Brisanz strotzender Aufwind in sozialkritischer Glamour. Bestens!

Gespenster (2005) von Christian Petzold

Still, intelligent, atmosphärisch und unberechenbar - so wie seine Charaktere. Eine konsequent inszenierte und höchst wirkungsvoll geschriebene Hommage an das Verlorensein, ebenso wie eine Warnung an das Verlorengehen. Man muss sich mit Petzold befassen.

The Phantom of Liberty (1974) von Luis Buñuel

Seltsam, höchst seltsam und merkwürdig.

First Cow (2019) von Kelly Reichardt

What a light hearted and joyful modern piece of cinema, where nothing is too certain and neither the less very much so.

The Square (2017) von Ruben Östlund

I see a lot in this film that may or may not be critizised about that many faced piece of cinema. But as I acknowledge the borders of this artwork I need to understand that experiences like these, as edgy as they might be, first and foremost exist because somebody takes a risk in experimenting and finding new ways to narrate. In the case of Ruben Östlund’s masterpiece/failure this risk pays off as a highly entertaining, morality sucking piece of certainly-to-much-of-everything-and-art-art and therewith fulfils its triumphal contempt of justification by simply being a piece of work avoiding to determine its existence. This attempt is breathtaking most of the time.

Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt? (1932) von Slatan Dudow

Berliner Jugend im Fadenkreuz der Macht in den frühen  30er Jahren. Interessant hierdurch im historischen Kontext auch Propaganda in Filmen und durch Filme heutzutage zu begreifen.

The Wild Bunch (1969) von Sam Peckinpah

Ein historisches Lehrstück der Filmgeschichte mit viel Potential zum Vergessen und viel Potential zum Erinnern gleichermaßen. Dieser Film ist ohne Zweifel schlecht gealtert und entbehrlich im Sinne eines aufgeklärteren Männerbildes und einer befreiten Rolle der Frau (die hier quasi nur über den Haufen geschossen wird, am liebsten nach dem schlecht bezahlten Sex). Er bietet aber auch eine konkrete analytische Kritik als Allegorie des kapitalistisch verursachten Individualismus und seiner Kinder - den Ganoven der einen oder anderen Art. Da gibt es die staatlich Gestützten, die wirtschaftlich Unantastbaren und dann die idealisierten Ganoven, die Outlaws, die aber natürlich und zwangsweise im System der möglichen Ganovenschaften den Kürzeren ziehen, weil sie trotz aller möglichen Entzweiungen an moralische Werte wie Brüderlichkeit oder Glück denken und sich dadurch schwächen. All diese Ganovenschaften verfolgen ihr Ziel der maximalen Macht im Sinne der Freiheit durch totale und brutale Gewalt und streben damit nach der Unabhängigkeit von einem System der gezielten individuellen Kleinhaltung. Dabei kommt es nicht darauf an, in welchem “Bereich” derjenige Ganove sein Unwesen treibt, sondern nur welche Mittel er zur Verfügung hat, um sein Alleinstellungsmerkmal der Freiheit in die ein oder andere Richtung zu exponieren. Ein relevanter Machtfaktor ist dabei der technologische Fortschritt in einer Zeit, in der die Industrialisierung gerade so richtig an Fahrt aufzunehmen beginnt. Der Film kennt alle Motive, die, geschickt in die Dramaturgie verflochten, zu einer Katharsis des modernen Ganoven führen, eines Technologieraubenden und -missbrauchenden. Dass letztlich die Armee als Hauptopfer der Erzählung und der darin abgebildeten Söldner ausgewählt wurde, beweist nur welche anti-individuelle Entfremdung durch ihre nationale Stellvertreterrolle stattfindet und wie die Ganoven das Vakuum der Entfremdung letztlich mit ihren Mitteln auszufüllen versuchen. Ein Bild, das in der heutigen Kriegführung mit Söldnertruppen und erstarkenden Privatarmeen aktueller denn je erscheint. Am Ende bleibt der Film bei einem harten, wie bescheidenen Urteil gegenüber seiner eigenen Logik. Es ist nur konsequent aber ebenso ideenlos, dass sich alle Seiten am Schluss über den Haufen schießen und irgend eine Partei der „Dümmeren“ und „Benachteiligten“ aus diesem Scharmützel als nurznießende Gewinner hervorgehen und damit die Spirale der Gewalt in Zukunft weiter betreiben können.

Die Patriotin (1979) von Alexander Kluge

Wie es sich anfühlt deutsch zu sein und das Deutschsein zu denken... Ein gelungenes Kluge-Werk voller loser Querverbindungen in und durch das Mark der Geschichte und philosophischer Anregungen in einer filmischen Prosa-Form, deren Intellekt und Mut heute fehlt und deren gefährliches, riskantes Denken schmerzlich, allzu schmerzlich - gerade im deutschen neuen Kino - vermisst wird. Hut ab vor einer so konsequenten Umsetzung einer solchen Mischform aus Collage, Dokumentation und Fiktion. Einer der Filme, der es allein aus der Dichte seiner Form heraus schafft, interessant und gehaltvoll zu sein.

The Wind Will Carry Us (1999) von Abbas Kiarostami

Ankommen, sich einem Ort und seinen Bewohnern annehmen, sich darauf einlassen, an Ort und Stelle wirken - keine leichte Disziplin für uns Menschen mit Vorurteilen, Wissen und vermeintlichem Verstand, der für die fremdbestimmte Arbeit herhalten muss. Die schöne, wertvolle Seite des „Fremdseins“ bleibt dabei allzu oft kalt unterdrückt. Wir gehen als Menschen leer aus, lassen uns nicht auf die Schönheit der Welt und ihrer kostbaren, wenigen Momente, die uns geschenkt sind, ein... Kiarostami hat es begriffen und hier wirkungsvoll und einfühlsam illustriert.

Through the Olive Trees (1994) von Abbas Kiarostami

Ein schöner, poetischer Film übers Filmemachen in typischen kiarostamischen Charme und tiefgreifender Unaufgeregtheit.

Undine (2020) von Christian Petzold

Schön und schlicht, typisch Berliner Schule und ein interessanter Ansatz, ein Märchen zu verfilmen. Leider wirken die Figuren oft plump und weniger gewieft inszeniert. Fast scheint es manchmal so, der Regisseur habe sich hier an seinem eigenen Stil erschöpft. Ebenso vermisse ich die Raffinesse aus Phoenix oder Transit, die Petzold und Farouki so genial auszuspielen wussten. Letzterer wird dabei schmerzlich vermisst...

Deutschland im Herbst (1978) von Rainer Werner Fassbinder, Alexander Kluge, Edgar Reitz, Katja Rupé, uvm.

Fassbinder: Groß, viel zu groß. Allüberstrahlend.
Kluge: Gut angelegt, gut observiert, zu unpräzise.
Der Rest leider wenig einprägsam.

Ein Film, der uns tief gefurchte Spuren des Faschismus und der antidemokratischen Gesinnung bis in Heute aufzeigt und nachvollziehbar, ja nachspürbar macht.

The Naked Prey (1965) von Cornel Wilde

Ein Film der viele westliche Denk-Fehler der Ethik und Moral aufzeigt und daraus einen prätentiösen Versuch der respektvollen Annäherung an die Völker Afrikas macht. Dies muss natürlich in seiner Zeitverordnung misslingen, dank der Absurdität der Dramaturgie des „weißen, Survival-Helden“ und des Antagonismus, dem das afrikanische Volk mit krudesten Darstellungsformen unterworfen wird. Der Grund „gegen den Weißen zu sein“ wird zwar eindeutig herausgearbeitet, bleibt aber im Schatten einer durch und durch rassistischen filmischen Unternehmung, die nicht nur gegenüber dem „schwarzen“ Menschen, sondern auch gegenüber der Natur brutal ausbeuterisch und aneignend agiert. Das wiederum zeigt der Film aber so unerschrocken gut auf und in (mit der Zeit sich erschöpfenden, aber anfänglich stark wirkenden) Assoziationsmontagen von der natürlichen Gewalt des Tierreiches, dass er durchaus eine gewisse Wucht entwickelt und als Werk eine eindringliche Wirkung erzielt (auch dank der Mischung szenischer und dokumentarischer Bilder). Leider bleiben auch diese Assoziationen mit einem prätentiösen, kunstheuchlerischen Eigengeschmack zurück und lassen den Eindruck nach Festivaltauglichkeit entstehen. Alles in allem ist der Film in seiner Herangehensweise mutig, aber Teil eines viel zu großen Problems.

Conversations with Fritz Lang (1975) von William Friedkin

War Fritz Lang hier dement oder altersmüde oder schwach oder desinteressiert oder einfach nur enttäuschend?

Die Dunkle Seite des Mondes (2015) von Stephan Rick

Lächerlich gescheitert, verkümmernd gestutzt, herunter gebrochen auf das Mindeste, ohne Einfall und Moral. Die literarische Vorlage ist ja schon ausbaufähig, aber dass audiovisuelle Vermächtnis einfach nur bemitleidenswert. Was haben sich alle Beteiligten nur dabei gedacht?

A Quiet Place II (2020) von John Krasinski

Film war nix, aber ich war das erste Mal wieder im Kino seit 10 Monaten und ALTER!!!! (Verfasst nach Corona-Lockdowns, etc.)

Where Is the Friend's House? (1987) von Abbas Kiarostami

Die Sehnsucht nach dem Kindsein und der Einfachheit dieses Daseins ist allgegenwärtig und meisterhaft festgezurrt dank einer schlichten Eleganz.

Yella (2007) von Christian Petzold

Die Schönheit der Simplizität mit fliessender Grenze hin zum Bieder. Die Narrative ist, wie von Petzold gewohnt, zielstrebig, ohne Umstände formuliert und in einem immer konkreter werdenden Sinne abstrus. Dass diese hier dann allerdings einen stumpfen Plottwist benötigt und die grandiose Hauptfigur so am Ende entthront, ist mir schleierhaft. Und obwohl es Striewso‘s beste Performance ist, die mir bisweilen unter die Augen gekommen ist, kann ich seine Besetzung hier nur in Teilen verstehen und nur erschwert genießen, bleibt er doch hinter Hoss blass.

Acht Stunden sind kein Tag (1972) von Rainer Werner Fassbinder

Ich finde es wirklich bemerkenswert, wie eindringlich Fassbinder die alltäglichen Nöte und Probleme der Menschen zugehörig der Arbeiterklasse der 60er beschreibt und ihr Sehnsüchte so herrlich unaufgeregt in den Rauchschwaden der Kölner Kneipenstunden oder vor den gemusterten Tapeten bei den familiär angespannten Kaffee- und Kuchentreffen  zu erzählen weiß. Man dringt wirklich in die Figuren ein, ja geradezu durch sie hindurch und feiert mit ihnen ihre Abkehr von der Fremdbestimmung hin zu mehr Menschlichkeit und Eigeninitiative in solidarischem Sinne. Ganz beiläufig und - wie so brillierend oft bei Fassbinder - in den simpelsten Dialogen, werden dann die großen Ideen dieser Zeit verhandelt und exemplarisch erdacht oder gar erprobt. Dass es dabei kaum einen Ausweg aus den Abhängigkeiten des “Systems” geben wird, bleibt eine, ebenso menschlich, beantwortete, wie unaufgeregt hingenommene Gewissheit, die man nur in der Gemeinschaft der Anderen (Familie & Freunde) zu ertragen weiß. Das Format der Familienserie wird hier mit so herrlich andersartigen und fein gezeichneten Charakteren beladen und vor einem scharfsinnigen politischen  Hintergrund aufgesponnen, dass man schier automatisch auf jeden der Charaktere in einem eigenen Dossier eingehen möchte. Hier sehen Sie höchstwürdiges, deutsches Kulturgut.

Enter The Void (2009) von Gaspar Noé

Less a film on the circle of life, than a metaphor for the thirst for spirituality in today’s individualised society. The same way I admire Noe for his formalistic consistency, I despise him. Sometimes the reuse of the deep sound layers and the camera movement is just too much

The Skin I Live In (2011) von Pedro Almodóvar

Grundidee spannend, sonst fast alles überzogen, am Stoff vorbei erzählt, wirr, in Kitsch verfangen und in großen Teilen mangelhafte, ermüdungserscheinungsbeklagende Erklärungen im Dialog. Wieder eine Enttäuschung eines großartigen Regisseurs auf Abwegen..

La Jetée (1962) von Chris Marker

A perfect example for the beauty of simplicity and genre-bending freedom combined.

Caramel (2007) von Nadine Labaki

Für meinen Geschmack zu kitschig (z.B. Klaviermusik und Komödienhaftigkeit) aber im Kontext der Entstehung und in seiner Aussage schamlos, bedacht und umso gewaltiger. Ein wichtiger Film für den Libanon und für den Feminismus in der islamischen Kultur. Mir fehlt leider auch das intergeschlechtliche und interkulturelle Einfühlungsvermögen, um hier voll mitgehen zu können.

Pi (1998) von Darren Aronofsky

Dicht, intelligent, rasant. Einfach gut gemacht und schlau gedacht. Eine grandiose Leistung, auch im Schauspiel.

Force Majeure (2014) von Ruben Östlund

Exakt ins Mark der Männerschaft. Ich kann nicht darüber schreiben, ich muss darüber nachdenken.

The Wind Rose (1957) von Alberto Cavalcanti, Gillo Pontecorvo, uvm.

„Die Windrose“ erzählt fünf Geschichten aus der Perspektive meist alleinstehender Frauen in den 50ern, die über die ganze Welt verteilt und durch ihre Erlebnisse der Niedertracht und der Ungerechtigkeit in einer kommunistischen Erkenntnis verbunden sind. Ein im Rückblick als Erziehungsfilm erscheinendes DEFA-Werk, das seine sozialistische Ideologie in jeden Winkel der vermeintlich in der Solidarität vereinten Welt trägt und die trotzige und stolze Arbeiterklasse im internationalen Verbund bestätigt. Dabei weiß jede Nation eine Geschichte mit alltäglichen Problemen aufzuweisen, die so wenig länderspezifisch und so prätentiös, wie möglich dargestellt werden, ohne dabei tatsächliche Geschichten zu erzählen, die den Kampf der Arbeiter*innen erfahrbar machen. Eher sind es Fallbeispiele eines Lehrbuches. Der Film dient heutzutage als gutes Beispiel für die entartete Kunst im Würgegriff des Machterhalts und der Propaganda einer machthungrigen Exekutiven. Historisch interessant ist hierbei die (DDR-)deutsche Auswertung des Films, wobei dem ganzen eine klare Umerziehungsidee innewohnt, die die vergangenen Schrecken der Faschisten, zugleich mit jenen kommenden der Kapitalisten mahnt und daraus Narrative von der allzu nahen Vergangenheit bis in die trostlose Gegenwart der liberalen Volkswirtschaften spinnt. Dabei werden vor allem Elendsviertel und Industriebrachen oder neutrale Motive wie Bahnhöfe und Straßen gezeigt, die, bewohnt von den hoffnungsvollen Arbeitern und Lehrkräften, mit gemeinschaftlichen aktivistischen Taten auf die solidarische Narrative hin getrimmt werden. Augenscheinlich vor allem die weibliche Bevölkerung in der DDR sollte hiervon in ihrem Vertrauen in die kommunistische Weltordnung bestärkt werden. In der Episode über die Sowjetunion, der Mutternation, sind die Bilder dabei auffälligerweise dieselben, die auch in den Häfen New Yorks vom Hollywood dieser Zeit gedreht wurden. Aufbruch, grenzenlose Freiheit und das Glück des einzelnen im Rahmen der gleichwertigen Möglichkeiten aller. Same Story, different tone... Eine geschichtliches Lehrstück über den Mensch, der stets das Gleiche will, aber durch ein dualistisches Denken, welches im unabdinglich scheint, die Welt und sein Gewissen spaltet, bis er sich im Streit verliert und damit sich seinem Gegenüber fremd wird. Der Film lässt einen auch etwas spüren, welche Hoffnungen und welcher Stolz einmal in diesem „Teil“ der Welt gekeimt haben und nie in Erfüllung gegangen, bzw. weit davon entfernt geblieben sind und wie viele Menschen ihr Schicksal an diese Hoffnungen knüpfen mussten. Eine wahre Tragödie.

Jagdszenen aus Niederbayern (1969) von Peter Fleischmann

Die Angst vor dem Fremden in uns Selbst wurde selten so gut dargestellt und herausgearbeitet, wie in diesem Diamanten der Filmkunst. Liberalismus und Konformismus sind denen vorbehalten, die es sich leisten können. Wenn es um das Menschsein geht, dann weil es existentiell ist, weil es nicht anders geht, und dann stört man, mit der unausweichlichen Ehrlichkeit des Konträren.